Auch wenn es in Nordrhein-Westfalen erste Hoffnung für eine Zukunft der Busbranche gibt, es fehlt eine bundesweite Aussage bzw. Entscheidung. In Hamburg protestierten gestern Reisebusunternehmen aus ganz Norddeutschland, denn nach wie vor ist ihre Zukunft ungewiss. Mit einem Korso rund um die Binnenalster und einem lautstarken Hupkonzert machten sie auf sich und ihre Sorgen und Nöte aufmerksam. Weit über 100 Reisebusse nahmen an der Protestaktion teil. Die andauernden Einschränkungen seien zwar gerechtfertigt gewesen, wie die Teilnehmer sagten, aber jetzt müssten die verantwortlichen Politiker nach offenen Briefen und mehreren Bus-Demos doch endlich den Ernst der Lage erkannt haben. Die Busbranche brauche einen Plan, wie es weiter gehen solle oder könne, so die Meinung der angereisten Busunternehmer. Um auf sich Gehör zu verschaffen, ist für den 14. Mai eine Sternfahrt samt Bus-Demo nach bzw. in Berlin geplant. Auch dann werden sie ihre Forderungen wieder kundtun: finanzielle Soforthilfen und ein klarer Zeitplan müssen her. Wann sind welche Fahrten wieder möglich? Viele Firmen stünden wegen des zum Erliegen gekommenen Tourismusgeschäfts vor der Insolvenz, wie eine Umfrage des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) zeigte. Die Busunternehmen forderten außerdem eine Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent, um in den Wochen nach einem Neustart liquide zu bleiben. “Wir waren die ersten, die betroffen waren und werden die letzten sein, wo es wieder losgeht”, so Guido Gröpper, Geschäftsführer der AK Touristik, gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk. Alle acht Reisebusse stehen im Depot, das Tagesgeschäft bestehe aus Stornierungen. “Es haben bisher etwa 2.000 Kunden ihre Reisen storniert. Alle bekommen das Geld zurück oder erhalten Gutscheine, wenn sie möchten. Doch das eigentliche Problem für uns: Wir rennen dem ausgegebenen Geld hinterher – bei Hotels im Ausland, bei Reedereien und Fluglinien”, sagte Gröpper. Er hätte die Möglichkeit, ein KfW-Darlehen in Höhe von 500.000 Euro zu bekommen, aber bei einer Verzinsung von drei Prozent hätte er zehn Jahre Zeit, um zu tilgen. Das helfe ihm nicht ansatzweise weiter, so der Geschäftsführer. Die deutschen Bus-Verbände (BDO, RDA und GBK) haben gehandelt und angesichts der vielen Lockerungsbekundungen ein detailliertes Konzept für den Busreiseverkehrs erarbeitet. Nach der erfolgten Einigung zwischen Bund und Ländern auf zahlreiche Lockerungen bestehender Corona-Beschränkungen sei dies der logische Schritt, parallel zu den Entwicklungen in Hotellerie und Gastronomie. Neben der gründlichen Reinigung und Desinfektion der Reisebusse sowie der Ausstattung der Fahrerinnen und Fahrer mit Gesichtsmasken und Einweghandschuhen zielt der umfassende Empfehlungskatalog der Branchenverbände auch auf die Mindestabstände der Gäste ab. Deren Einhaltung wird durch die Zuweisung fester Sitzplätze in den Fahrzeugen sowie Regeln für den geordneten Ein- und Ausstieg garantiert. Bereits bei der Buchung, die kontaktlos per Internet oder Telefon möglich ist, werden die Reisegäste über das Hygienekonzept aufgeklärt. Und während der Reise werden sie mit Durchsagen der Busfahrerinnen und Busfahrer sowie mit Aushängen im Fahrzeug an die entsprechenden Vorgaben erinnert. „Im Zuge erster Lockerungen im Tourismussegment sind Reisebusse eine geeignete Alternative zum Individualverkehr“, betonen Karl Hülsmann (Präsident des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer BDO), Benedikt Esser (Präsident des Internationalen Bustouristik Verbands RDA) und Hermann Meyering (Vorsitzender der Gütegemeinschaft Buskomfort gbk) in einer gemeinsamen Erklärung zum Hygienekonzept der drei Verbände. „Nicht nur die hervorragende Umweltbilanz, sondern auch das Konzept einer festen Reisegruppe erweist sich als besonders sinnvoll.“ Zumal das Risiko einer Infektion bei Reisen mit einer überschaubaren Zahl an Teilnehmerinnen und Teilnehmern von vornherein stark reduziert werden kann. „Für die privaten bustouristischen Unternehmen hat die Gesundheit ihrer Fahrgäste sowie der Busfahrerinnen und Busfahrer oberste Priorität“, unterstreichen die Verbandsspitzen. „Mit dem vorliegenden Konzept ist ein Neustart unter verantwortungsvollen Bedingungen möglich. Wir rufen daher nachdrücklich dazu auf, das bereits zwei Monate lang geltende komplette Fahrverbot aufzuheben. Wenn nun schon Bars und Fitnessstudios eine Öffnungsperspektive erhalten, dann muss das auch für die Busbranche gelten.“ Mit ihrem Konzept für einen Neustart geht es den Verbänden auch um das Überleben einer Branche, an der knapp 240.000 Arbeitsplätze hängen und die jährlich einen Umsatz von mehr als 14 Milliarden Euro erwirtschaftet. In der Spielzeit 2018/2019 lag der Erlös der 1. Fußball-Bundesliga bei “nur” vier Milliarden Euro, trotzdem hat der Fußball den Vorzug bekommen. Mit dem detaillierten Konzept für den Busreiseverkehr in Zeiten von Corona und den zahlreichen Bus-Demos müsste sich in Berlin doch nun wirklich endlich ein Politiker der Busbranche annehmen, oder machen es die Ministerpräsidenten der Bundesländer doch wieder in Eigenregie? Ohne Hilfen und Unterstützung aus Berlin wird das kaum möglich sein… (BDO/RDA/GBK/Hanse Mondial/Norddeutscher Rundfunk/AK Touristik/PM/Schreiber)
Zukunft ungewiss
8. Mai 2020