
Yutong zeigte auf der Busworld 2025 für alle Segmente eigens für Europa entwickelte Elektrobusse. Foto: Bruggeman
Die Reaktion von Yutong auf die von Ruter AS durchgeführten Cybersicherheit-Tests ließ nicht lange auf sich warten: Über die Berliner Zeitung , die sich nach der Pressemitteilung des norwegischen ÖPNV-Dienstleisters vom 28.10.auf den Weg nach China machte und das Werk von Yutong besuchen sowie entsprechende (Nach-)Fragen stellen durfte, folgte ein Dementi: Man weise den zentralen Vorwurf, man könne aus China heraus auf Busse in Europa zugreifen und diese manipulieren, zurück. In diesem Zusammenhang werden Erinnerung an einen Anschlag vor dem Trump Tower in Las Vegas wach.
Zur Erinnerung: Bei der Explosion eines Tesla Cybertrucks am Neujahrsmorgen 2025 wurde klar: Tesla hat einen umfassenden Zugriff Tesla auf seine Fahrzeuge. In diesem Fall offenbar hilfreich für die Ermittlungen, für Besitzer eines Tesla-Pkw aber wohl ein Ärgernis. Im Rahmen einer Pressekonferenz hatte sich seinerzeit der der ermittelnde Sheriff Kevin McMahill bei Elon Musk bedankt. Der Tesla-Chef habe den Ermittlern nicht nur durch das Öffnen aus der Ferne Zugang zum Fahrzeug verschafft, sondern durch Videos von Tesla-Ladestationen sowie Standortdaten auch geholfen, die Wege des Täters nachvollziehen zu können.
Was genau kann Yutong nun aus der Ferne und was nicht? Huang Zhenghua, der als Global Brand Director im International Marketing von Yutong arbeitet, äußerte sich gegenüber der Berliner Zeitung: Eine Fernsteuerung – mit Blick auf Lenken, Bremsen oder Beschleunigen – sei technisch nicht möglich. Es wurde aber auch deutlich, dass die Elektrobusse von Yutong über eine Datenverbindung verfügen würden. Es bestehe aber keine physische Schnittstelle zwischen dem zentralen Steuergerät, der sogenannten T-Box, und sicherheitskritischen Bauteilen wie Lenkung, Antrieb oder Bremsen.
Yutong machte deutlich, dass für solche Eingriffe eine CAN-Bus-Verbindung nötig wäre, die sicherheitsrelevante Komponenten miteinander vernetze. „Diese Verbindung existiert bei uns nicht zwischen den entsprechenden Modulen“, versicherte Huang. Die Frage ist, wie definiert beziehungsweise betrachtet Yutong das Große und Ganze? Wird das Gesamtsystem des Elektrobusses in Teilsysteme zerschneiden? Stellen dann die Stellen, die als Berührungspunkte oder Ansatzpunkte zwischen diesen Teilsystemen fungieren (über die die Kommunikation stattfindet), doch noch eine mögliche Schnittstelle dar?
Unter Verwendung dieser Schnittstellen kann man die Teilsysteme wieder zu einem größeren Ganzen zusammensetzen… Yutong erklärte, dass alle Fahrzeugdaten für die entsprechenden Elektrobusse in der EU auf Servern von Amazon Web Services in Frankfurt gespeichert werden würden. Dies geschehe ausschließlich für Wartungs- und Leistungsoptimierungszwecke, eine entsprechende Verschlüsselung und Zugriffsbeschränkungen würden die Daten schützen. Ja, man könne Over-the-Air-Updates durchführen, dies würde aber nur mit Zustimmung des Betreibers realisiert werden.
Einige der Fernsteuerungsfunktionen könnten nur die Betreiber selbst konfigurieren, Yutong, hätte darauf keinen direkten Zugriff. Aktuell ist in Europa eine Diskussion um Cybersicherheit entbrannt, denn es gibt potenzielle Risiken im Zusammenhang mit drahtlosen Software-Updates in Omnibussen. Auch in Dänemark hat die Behörde für Zivilschutz und Notfallmanagement nach den Erkenntnissen aus Norwegen eine Untersuchung eingeleitet. Dänemarks größtes ÖPNV-Unternehmen Movia hat 469 chinesische Elektrobusse, 262 davon von Yutong, im Einsatz.
Es bleiben Fragen, denn Ruter AS zeigte mit dem Test auf, dass der Elektrobushersteller Yutong direkten digitalen Zugang zu jedem einzelnen Bus für Software-Updates und Diagnose hat. Und Yutong habe auch einen Zugriff auf das Steuerungssystem für die Batterie, wie der Test zeigte. Ruter AS erklärte, dass Yutong aus der Ferne die Türen öffnen, schließen und sogar verriegeln könne. Ganz wichtig sei aber der Punkt, dass der Hersteller vollen Zugriff auf alle Diagnosedaten, Parameter, Fehler und Probleme des Elektrobusses habe. Und solche Daten sind bekanntlich äußerst wertvoll.
Yutong ist in Europa längst angekommen, besonders auf dem Markt für Elektrobusse in Skandinavien und in Großbritannien. Mit Blick auf die Neuzulassungen im Segment der Elektrobusse in Europa >8t führt Yutong deutlich vor MAN und Mercedes-Benz nach sechs Monaten des Jahres 2025. Die Zulassungen batterieelektrischer Busse >8t in Europa erreichten nach sechs Monaten des Jahres 2025 insgesamt die stolze Zahl von 5.315 Einheiten. Der Boom bzw. ein steter Aufwärtstrend der letzten drei Jahre setzt sich also fort.
Der Vergleich zum Vorjahreszeitraum offenbart einen Anstieg von 41 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2024, in dem 3.751 Elektrobusse zugelassen wurden. Die ersten sechs Monate des Jahres 2025 machen bereits mehr als zwei Drittel des Vorjahresvolumens aus, wo wird es am Jahresende aussehen? Fakt ist: Yutong aus China ist mittlerweile in Europa eine feste Größe, seit Jahren stehen die Elektrobusse aus dem Reich der Mitte beim Ranking immer auf dem Siegertreppchen. Yutong bleibt mit 852 Zulassungen und einem Marktanteil von 16 Prozent der Primus.
Und: Yutong konnte seinen Marktanteil gegenüber 2024 im gleichen Zeitraum sogar noch steigern, damals waren es nur 14 Prozent. Grundlage der Zahlen ist die Marktauswertung in U27+ICE+NO+CH und UK. Von Januar bis Juni 2025 wurden insgesamt 24.695 neue Omnibusse zugelassen, davon 23 Prozent „elektrisch aufladbare Fahrzeuge“. Yutong liefere, was der europäische Markt verlange, so Jack Li, CEO Yutong Bus Europe, auf der Busworld 2025 im Gespräch mit omnibus.news. Schon 2023 stellte der chinesische Bushersteller mit einem kurzen Doppeldecker für Großbritannien einen marktspezifischen Omnibus vor.
Auch beim Design der U-Elektrobus-Baureihe orientiere man sich an der in Europa gewünschten Linienführung (mehr geometrische Formen als freie Linien), wie zahlreiche Auszeichnungen von europäischen Institutionen zeigen. Und die bis jetzt angebotenen Gefäßgrößen (10,12 und 18m) entsprechen den Marktbedürfnissen. Alle Omnibusse für Europa würden mit Blick auf die hier in Europa geltenden gesetzlichen Vorgaben produziert, wie Li erklärte. Die zahlreichen Auszeichnungen (die Busworld ehrte Yutong in diesem Jahr mit sieben Awards) seien eine Anerkennung und Bestätigung, dass der Weg von Yutong der richtige sei, so Li.
Das jetzt diskutierte Thema der Over-the-Air-Updates ist nicht neu. Mit der Preview des Mercedes-Benz eIntouro im letzten Jahr machte Daimler Buses deutlich, dass der batterieelektrische Überlandbus der erste Bus in diesem Segment sei, der mit der Fähigkeit für OTA-Updates ausgeliefert werde. Diese Technologie ermöglicht es, Software-Updates drahtlos über das Mobilfunknetz zu übertragen, ohne dass eine Werkstatt erforderlich ist. Die Updates verbessern bestehende Funktionen und können auch neue Funktionen und digitale Extras hinzufügen, die über eine App oder das MBUX-System verwaltet werden können.
Daimler Buses informierte im Zusammenhang mit der Fahrzeugvorstellung darüber, dass später auch die Freischaltung zusätzlicher Fahrzeug-Funktionalitäten sowie die Anpassung von Fahrzeug-Konfigurationen Over-the-Air möglich sein werde. Mit Blick auf das Thema Sicherheit informierte Daimler Buses darüber, dass die volle Kontrolle aller Software-Updates durch das Fuhrparkmanagement beim Betreiber erfolge und eine Installationsfreigabe nur durch Fuhrparkmanagement möglich sei.
Wenn nicht ein Hacker am Werk ist, bleiben die Daten auch nur für die zugänglich, für die sie bestimmt sind. Dass das aber nicht immer so ist, wurde Anfang des Jahres auf dem Chaos Communication Congress deutlich: In einem Vortrag wurden – nach relativ einfacher Vorarbeit – die Bewegungen von hunderttausenden Autos verschiedener Marken aus der Volkswagen-Gruppe veröffentlicht. Jeder, der wollte, konnte dann noch einfach den Fahrer bzw. Besitzer identifizieren und sich auch noch eine Analyse von den Gewohnheiten über die angesteuerten Ziele anzeigen lassen… (BerlinerZeitung/DaimlerBuses/RuterAS/Yutong/PM/Sr)