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Yutong stellt deutschen Busunternehmen die U-Elektrobusbaureihe zum Testen vor. Foto: Hackauf

Bislang war der deutsche Markt mit dem hier vorherrschenden Anspruchsdenken an After-Sales & Serviceleistungen rund um den Bus ein Markt, den chinesische Bushersteller mieden oder nur sehr begrenzt aktiv wurden. Auch das durchaus engmaschiges Vertreter- und Werkstattnetz schien ein Vorteil der europäischen OEMs zu sein. In Europa (und speziell Deutschland) gibt es zudem sehr hohe Anforderungen an Sicherheitsstandards, Emissionsnormen und die Barrierefreiheit. Außerdem geht es hierzulande oft auch in Vertrauensfragen und politische Sensibilität, wenn es um öffentliche Aufträge geht.

Es gibt Vorbehalte gegenüber chinesischen Unternehmen wegen des Datenschutzes, des Spionageverdachts oder strategischer Abhängigkeit. In manchen EU-Ländern wird der Kauf chinesischer Fahrzeuge von Staatsunternehmen sogar kritisch gesehen oder verhindert. Chinesische Bushersteller fokussierten sich stärker auf Märkte mit weniger strenger Regulierung oder höherem Bedarf an günstigen Elektrobussen – z. B. Osteuropa, Lateinamerika oder Afrika. In Europa wurden eher Pilotprojekte oder kleinere Märkte wie Großbritannien, Frankreich und die Niederlande zuerst bedient.

Nun ist es wieder einmal Yutong, die chinesische Marke, die 2024 bei der Zahl der Neuzulassungen im Segment der Elektrobusse >8t in Europa mit 1.092 Fahrzeugen den 1. Platz vor Mercedes-Benz (918) und Iveco Bus (821) holte. Die chinesische Marke war schon zwei Jahre zuvor auf dem Siegertreppchen angekommen und hat nun den Spitzenplatz erobert. Yutong ist angekommen, 2019 feierten die Chinesen auf der Busworld in Brüssel nicht nur die Premiere als Aussteller, sondern auch als Hersteller von Omnibussen für europäische Kunden.

Was jahrelang nicht selbstverständlich war, haben die Chinesen schnell erkannt: Eine eigene Formensprache und Qualitätsanspruch muss her. Mit dem Elektrobus U12 zeigt Yutong, dass man verstanden hat, dass in Europa mehr auf geometrische Linien mit dem Stift gezeichnet als auf etwas Freies mit dem Pinsel Gemaltes setzt. Auf der Busworld 2019 gab es den Award für Design den Yutong U12. Schlicht und elegant kommt der U12 daher, im Innern mit digitalen Instrumenten sowie mit dem „BusEYE Pro Assisted Driving System“ und dem IOV-System fördere der U12 außerdem die Verbesserung der Bussicherheit und den Betrieb mit fortschrittlichen Technologien, wie es seitens Yutong heißt.

Die Oberfläche der Karosserie des Fahrzeugs besteht aus Verbundmaterial, das leicht, aber stabil ist und so einen besseren Zugang für Wartungsarbeiten biete, wie die Chinesen sagen. Eine elektrisch gesteuerte ausfahrbare Stufe und fernverstellbare Rückspiegel mit Heizfunktion sind bequem und praktisch. Die vollständig gekapselte Kabine würde in Europa bei vielen Verkehrsbetrieben gefragt sein, so Yutong. Im Innern dürfte das schlichte, aber elegante Interieur die Fahrgäste überzeugen, denen auch die äußere Gestaltung gefällt. USB-Anschlüsse sind heute bei einem Elektrobus schon selbstverständlich, natürlich fährt auch Yutong damit vor.

Der U12 ist speziell für Europa konzipiert, im Reich der Mitte hat sich der Leichtbau-Elektrobus mit einer ersten Flotte von über 400 Fahrzeugen bei der Shanghai Jiushi Public Transportation Group, die diesen Bus mit Yutong gemeinsam konzipiert hat, bewährt. Die Zukunft im Blick haben die Chinesen einen barrierefreien Fahrgastraum geschaffen, der mit LCD-Monitoren ausgestattet ist. Um den führenden Anspruch zu untermauern, sind zahlreiche Fahrerassistenzsysteme an Bord. In Europa unbekannt ist das intelligente Sicherungssystem für Pedalfehlanwendungen, hier melden die Ingenieure von Yutong voller Stolz, dass die Technik u.a. ein versehentliches Drücken des Gaspedals erkennt und den Fahrer warnt.

Noch wichtiger ist aber das Bremssystem zur Kollisionsminderung: Um mögliche Kollisionen zwischen dem Bus und vorausfahrenden Hindernissen zu vermeiden, warnt das System aktustisch und bremst im Notfall auch automatisch, wenn der Fahrer nicht reagieren sollte. Das System könne auch bei möglichen Kollisionen mit anderen, seitlichen fahrenden Fahrzeugen und Fußgängern, die vor den Bus laufen, Alarm schlagen, wie Yutong mitteilt. Das wissen und schätzen auch deutsche Verkehrsbetriebe. Nun ist es die KRN Kommunalverkehr Rhein-Nahe GmbH in Bad Kreuznach, die die Deutschlandpremiere für eine Kundenfahrerprobung des Yutong U 12 meldet. 

Der Elektrobus ist auf Europareise und wurde von Salzburg – auf eigener Achse – nach Bad Kreuznach gefahren, wie es seitens Yutong in diesem Zusammenhang heißt. Das Team der KRN zeigt sich nach ersten Tests (Geräusche im Innenraum und außen, Fahrerarbeitsplatz (große/kleine Fahrer), Fahrt mit dem BR, Prüfung des Korrosionsschutzes am Unterboden, Dichtigkeitstests usw.) positiv. Die LFP-Batterien stuert CATL bei, der Vorführbus habe aber nur 350 kWh, hier wünsche man sich seitens der KRN mehr. Ist möglich, aber da der Elektrobus zum Testen ein kundenspezifisches Fahrzeug sei, müsse man mit der Leistung beim Testen auskommen, wie Yutong erklärt.

Der Verbrauch pro Kilometer wurde mit 0.89kWh gemessen. Hier sei erwähnt, dass der Elektrobus kein neuer Bus ist, sondern bereits drei Jahre alt und 105.000 Kilometer auf polnischen Straßen abgespult hat. Nun ist der Yutong nach betriebsinternen Tests regulär auf die Linie. Im Anschluss werden nicht nur Kundenstimmen, sondern auch die der Busfahrer ausgewertet. Auch Yutong ist beim Testen dabei, denn mittels EnRoute+ können sich Mitarbeiter von Yutong 365 Tage im Jahr direkt vor Ort auf den Bus schalten und Hilfe leisten. Und auch die Busbetreiber können ihrerseits über die LINK+ Plattform oder die Service-Hotline sofort mit Yutong in Verbindung treten, um in Notfällen eine schnelle und effektive Lösung zu erhalten.

EnRoute+ bietet eine Echtzeitverfolgung von Serviceanfragen, Fortschrittsaktualisierungen und Bewertungen nach dem Service über das digitale Link+ Ökosystem. Ein zweistufiges Ersatzteilnetzwerk (Zentrallager + Frontlager) gewährleistet die schnelle Lieferung von Originalteilen, wie das Team von Yutong mit Blick auf den deutschen Markt erklärt. Außerdem setze Yutong auf spezialisierte Serviceteams, maßgeschneiderte Notfallpläne und strenge Protokolle, um bei bei deutschen Unternehmern zu punkten. Nun geht die chinesische aktiv auf deutsche Busunternehmen zu und bietet Elektrobusse zum Testen an.

Mit dem spannenden Thema der Elektromobilität und neuen technischen Lösungen bzw. Möglichkeiten scheinen einige der in Stein gemeißelten Vorteile europäischer Bushersteller gegenüber ihren Mitbewerbern aus dem Reich der Mitte zu bröckeln. Mittlerweile können chinesische Bushersteller wie Yutong technologisch und auch optisch durchaus mithalten, selbst bei der Verarbeitung gibt es eigens für Europa (inkl. Deutschland) aufgelegte Baureihen, wie die U-Modellen von Yutong zeigen. Ob Solo- oder Gelenkbus, Midi oder auch Doppeldecker: Yutong liefert, was europäische Busunternehmen wollen. (KRN/Yutong/omnibus.news/PM/Sr)

 

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