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Das EU-Parlament hat heute über das Mobility Package I abgestimmt und alle drei Dossiers (Lenk- und Ruhezeiten, Entsenderegeln für das Transportgewerbe und Kabotage-Regeln für den Güterverkehr) angenommen. Foto: Europäisches Parlament, Grafik: BDO, Montage: omnibus.news

Das EU-Parlament hat heute über das Mobility Package I abgestimmt und alle drei Dossiers (Lenk- und Ruhezeiten, Entsenderegeln für das Transportgewerbe und Kabotage-Regeln für den Güterverkehr) angenommen, wie der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) mitteilt. Für den Bereich Entsendung steht eine Analyse der verabschiedeten Einigung noch aus. Für den Bereich „Lenk- und Ruhezeiten“ kann jedoch bereits berichtet werden, dass ein Kompromiss angenommen wurde, der die Besonderheiten der Bustouristik sowie die Bedürfnisse von FahrerInnen und Fahrgästen gleichermaßen ignoriert. Die Neuregelung bringt zum einen keine Verbesserungen für die Busbranche, da alle busspezifischen Regelungen gestrichen wurden, und zum anderen wird sie durch busfeindliche Ausgleichsregelungen (Kompensation für verkürzte Wochenruhezeit muss an eine reguläre Wochenruhezeit gehängt werden) erhebliche negative Folgen für die Bustouristik haben. Stattdessen findet sich eine Revisionsklausel im Text, welche die Kommission auffordert, in zwei Jahren zu prüfen, ob nicht geeignetere Regelungen für den Personenverkehr erlassen werden können. Diese Passage ist jedoch nicht einmal der Spatz in der Hand sondern ein hohles Lippenbekenntnis. Alle Lösungen lagen heute auf dem Tisch und hätten beschlossen werden können. Jetzt muss die Busbranche die nächsten Jahre mit den busfeindlichen Ausgleichsregelungen leben – in der Hoffnung, dass sich die Situation nach 2021 verbessert und in der Gefahr, dass sich die Lenk- und Ruhezeiten für den Personenverkehr weiter verschlechtern. Mit der vom Parlament beschlossenen Position kann jetzt der Trilog mit dem Rat und der Kommission beginnen. Hier wird es entscheidend sein, dass die allgemeine Ausrichtung des Rates zu den Lenk- und Ruhezeiten bestehen bleibt. Von den Verkehrsministern war beschlossen worden, dass die alten Ausgleichsregelungen (Kompensation für eine verkürzte Wochenruhezeit kann auch an eine Tagesruhezeit gehängt werden) beibehalten werden und der Personenverkehr noch besonders zu würdigen sei. Der bdo reagiert mit Unverständnis und deutlicher Kritik auf die Entscheidung des Europäischen Parlaments. Um in einem überaus kontrovers diskutierten Themenfeld zu einem Minimalkompromiss zu kommen, hat eine Mehrheit der Abgeordneten sich heute für Vorschläge ausgesprochen, die keine Rücksicht auf die Eigenheiten und Bedürfnisse der Menschen im Personenverkehr nehmen. Dies stellt, so der bdo, einen neuerlichen deutlichen Schlag gegen die Busbranche dar, nachdem zuvor bereits eine wirkliche Liberalisierung des europäischen Fernbusmarktes verpasst und stattdessen eine Busmaut gefordert wurde. Diese Fehlentscheidungen überraschen, weil sie mit dem Bus das umweltfreundlichste Verkehrsmittel im Personenfernverkehr belasten, Fahrgäste vergraulen und somit einen Verzicht auf die Pkw-Nutzung konkret verhindern. „Das Europäische Parlament hat heute eine sehr kurzsichtige und grundlegend falsche Entscheidung gefällt, die den umweltfreundlichen und sozialverträglichen Bustourismus stark unter Druck bringt“, sagte bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard zur Abstimmung. „Wir alle im Personenverkehrssektor unterstützen das Ansinnen, die problematischen Arbeitsbedingungen im Güterverkehr zu verbessern. Dabei dürfen aber die berechtigten Interessen und Bedürfnisse der Menschen im Bussektor nicht über Bord geworfen werden. Alle Schwüre und Absichtsbekundungen in Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz sind vollkommen wertlos, wenn in der konkreten politischen Arbeit im Zuge von faulen Kompromissen am Ende doch wieder einmal das ökologischste Verkehrsmittel vergessen wird. In Zeiten von Overtourism und Klimawandel ist es Irrsinn, den Bus zu belasten und damit quasi den Zündschlüssel für Millionen Privat-Pkw zu drehen. Jetzt hoffen wir, dass  der Rat verhindert, dass diese Fehlentscheidung wirklich Realität wird.“

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