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Bundesweit bleiben, wie hier in Berlin, streikbedingt viele Busse im Depot. Foto: Schreiber

Millionen Pendler in ganz Deutschland, die heute mit Bus und Bahn fahren wollen, sind von erheblichen Behinderungen betroffen: Die Gewerkschaft Ver.di hat zu Warnstreiks im ÖPNV  aufgerufen. Viele Busse und Bahnen bleiben bundesweit in den Depots, um einen bundesweiten Tarifvertrag für die rund 87.000 Beschäftigte im ÖPNV durchzusetzen. Die Arbeitgeber stehen einer  bundeseinheitlichen Regelung bislang ablehnend gegenüber. In der Hauptstadt, mittlerweile streikerfahren, fahren heute viele Busse, Straßenbahnen sowie die U-Bahn zwischen Betriebsbeginn und 12.00 Uhr nicht. In Schleswig-Holstein hingegen wird von Betriebsbeginn bis 9 Uhr gestreikt, das Ruhrgebiet soll nach Angaben von Ver.di komplett stillgelegt werden. Eine bundeseinheitliche Streik-Regelung gibt es mit Blick auf die Streikzeiten heute aber nicht. Der aktuelle Streik wirft Fragen auf, nicht nur mit Blick auf die Corona-Pandemie. Die Gerwerkschaftler müssen sich berechtigte Kritik gefallen lassen, weil in den letzten Jahren immer wieder Stück für Stück die Tarifverträge in überarbeiteter Form hingenommen wurden. Zur Zeit laufen in allen 16 Bundesländern entsprechende Verhandlungen über die jeweiligen Tarifverträge im ÖPNV. Es handele sich dabei um Spartentarifverträge, die sich nach Angaben der Gewerkschaftler im Laufe der Zeit in den einzelnen Ländern auseinanderentwickelt haben. “Mit unseren Forderungen haben wir Vorschläge geliefert, wie sich die drängenden Fragen von Entlastung und Nachwuchsförderung lösen lassen”, teilte die stellvertretende ver.di-Bundesvorsitzende, Christine Behle, mit. “Dass die Arbeitgeber nicht einmal zu einer Verhandlung bereit sind, verhöhnt die Beschäftigten und torpediert jede Bemühung, eine Verkehrswende zu erreichen.” Deshalb bleibe nur ein Warnstreik, um zu zeigen, wie ernst die Lage sei, so Behle. Die Arbeitgeberseite weist die Kritik natürlich zurück. Der Arbeitgeberverband in Berlin (KAV) beispielsweise informierte darüber, dass die Gewerkschaft den Tarifvertrag einseitig gekündigt habe. Von der offiziellen Ankündigung für bundesweite Warnstreiks im ÖPNV sei der Verband überrascht worden. “Wir haben kein Verständnis für diesen Warnstreik”, sagte Anke Stier, Geschäftsführerin des KAV Berlins in der vergangenen Woche. Erst im letzten Jahr habe es für Beschäftigte etwa der Berliner Verkehrsbetriebe Lohnerhöhungen gegeben, laut KAV in einem jährlichen Gesamtvolumen von 102 Millionen Euro. Warum die Gewerkschaft zum jetzigen Zeitpunkt höhere Löhne fordert, an dem MIllionen von Arbeitnehmern um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes besorgt sind, bleibt ein Geheimnis. Auch die Tatsache, dass in der derzeitigen Situation vielen Kommunen, Landkreise und Bundesländer unter wegbrechenden Einnahmen durch die Corona-Pandemie leiden, sollte doch den Gewerkschaftlern bekannt sein. Streiken für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne für die Busfahrer ist sinnvoll, ob die Gewerkschaft aktuell aber den nötigen Rückhalt und Verständnis bei der Bevölkerung erhält, dürfte fragwürdig sein.  (Verdi/PM/Schreiber)

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