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Hof, Rehau und Kronach setzen auf autonome Elektro-Shuttle von Navya. Foto: Invisionen

Aktuell ist ein Fahrgastbetrieb wegen der verschärften Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich. Foto: Invisionen

Der Mobilitätssektor in Deutschland steht aufgrund des Klimawandels und der Reaktion von Gesellschaft und Politik vor großen Herausforderungen. Die Kombination von digitalen Innovationen und lokal emissionsfreien Antrieben gewinnt zunehmend an Bedeutung und kommt in Metropolen in Rahmen von Pilotprojekten zum automatisierten Fahren vermehrt zum Einsatz. Die neuen Technologien haben das Potenzial, auch jenseits der großen Städte den ÖPNV zu stärken und ihn effizienter, flexibler sowie optimal angepasst an die Bedarfe der Nutzenden zu gestalten. Gerade in eher ländlich geprägten Regionen stellt das langfristige Sichern eines bedarfsgerechten, klimaschonenden und wirtschaftlichen Angebots im ÖPNV angesichts der demografischen Entwicklung eine besondere Herausforderung dar. Ab 2021 werden in den oberfränkischen Städten Hof, Rehau und Kronach hoch-automatisierte Kleinbusse im öffentlichen Straßenraum fahren. Insgesamt sechs dieser selbstfahrenden Shuttles des Herstellers Navya werden im Rahmen des Vorhabens eingesetzt. Sie können kostenlos genutzt werden. Auch wenn die Fahrzeuge bereits auf den Straßen zu sehen sind, ist eine Mitfahrt noch nicht möglich. Ein vorzeitiger Beginn des Fahrgastbetriebs wird derzeit wegen der verschärften Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie ausgeschlossen. Der Betrieb mit Fahrgästen soll, wie zu Projektbeginn geplant, im Frühjahr diesen Jahres beginnen. In der Zwischenzeit wird weiterhin eifrig getestet, um die Performance der Shuttle zu überprüfen und optimieren, sodass ein reibungsloser Betrieb sichergestellt werden kann. Die drei Strecken habe die Gemeinsamkeit, dass Sie für einen Betrieb mit klassischen Bussen nur bedingt geeignet sind. Beispielsweise wären die engen Gassen in der oberen Stadt von Kronach oder die Fußgängerzone in Hof ungeeignet für die üblicherweise in Städten verkehrenden, größeren Busse. Außerdem sind die SMO-Strecken kürzer als übliche Nahverkehrsrouten. Folglich werden weniger Menschen transportiert, was den Einsatz klassischer Busse ökonomisch weniger attraktiv macht. Dennoch sind die Wege für viele Menschen zu lange, um Sie nur zu Fuß zurückzulegen. Automatisiert fahrende Shuttles können in diesen Anwendungsfällen eine ideale Lösung sein, um das Angebot des öffentlichen Verkehrs gezielt zu ergänzen. Derzeit ist der Einsatz noch mit einem hohen Aufwand verbunden, da immer ein sogenannter Operator an Bord ist. Im Rahmen des SMO-Projektes wird die Akzeptanz der Shuttles in den drei Einsatzorten erforscht. Das langfristige Ziel ist es, diese Mobilitätsform bei Eignung zu etablieren und einen Einsatz ohne großen Aufwand zu ermöglichen. Nach den erfolgreichen Arbeiten in Rehau und Kronach war es in beiden Städten erstmal möglich, die geplanten Routen im automatisierten Modus zu befahren. Sowohl die engen Kopfsteinpflasterstraßen in der oberen Stadt in Kronach als auch die Route in Rehau können von den Shuttles gut befahren werden. Im Anschluss an diesen Meilenstein wurden sowohl die Fahrzeuge als auch die Strecken vom TÜV genehmigt und zugelassen. Das Projektkonsortium umfasst zehn Partner. Während die Städte Stadt Hof und Stadt Rehau sowie die Landkreise Landkreis Hof und Landkreis Kronach die Fahrrouten auswählen und vorbereiten, verantworten die Partner DB Regio Bus (mit den Töchtern RBO in Hof und OVF in Kronach) und REHAU AG + Co. den Fahrgastbetrieb. Valeo befasst sich vor allem mit der technischen Weiterentwicklung insbesondere im Bereich der Fahrzeugsensorik. Darüber hinaus sind die Hochschulen Hochschule Hof und Hochschule Coburg sowie die Technische Universität Chemnitz intensiv mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben im Projektkontext befasst. Koordiniert wird SMO durch den Konsortialführer Valeo in Kronach, unterstützt durch die Berliner Mobilitätsberatung Nuts One. Das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderte Forschungsprojekt läuft bis Ende 2021. Die verschiedenen Anwendungsfälle touristischer Verkehr (Kronach), Anbindung Bahnhof-Innenstadt (Hof) – beide als Ergänzung zum örtlichen ÖPNV – sowie der Werksverkehr in Rehau helfen dabei, innovative Mobilität im Livebetrieb zu erproben und neue Marktmodelle zu entwickeln. Neben dem eigentlichen Fahrbetrieb dient das Projekt verschiedenen Forschungszwecken. So ist geplant, für alle Shuttle-Fahrzeuge in der Modellregion eine zentrale Leitstelle in der Hofer Innenstadt einzurichten. Derzeit muss ein automatisiertes Shuttle aus gesetzlichen, aber auch aus technischen Gründen von einer Begleitperson, einem sogenannten Operator, im Fahrzeug überwacht werden. Mit der Leitstelle wird der nächste Schritt zum automatisierten Fahren ohne Operator im Fahrzeug untersucht. Dabei gilt es, die Teleoperation, also die Fernsteuerung der Fahrzeuge im Bedarfsfall, weiterzuentwickeln und das Potenzial einer solchen zentralen Leitstelle zu erforschen. Außerdem werden die Algorithmen zur Umgebungserkennung durch automatisierte Fahrzeuge weiter verbessert. Hierzu werden die Shuttles mit zusätzlichen Sensoren ausgerüstet. Mittels der so gewonnenen Daten sollen ab 2021 sog. neuronale Netze trainiert werden. Im Speziellen sind dies DNNs (Deep Neural Networks) als Werkzeuge der künstlichen Intelligenz, mit deren Hilfe schließlich Fußgänger, Radfahrende und andere Verkehrsteilnehmende sicher erkannt werden können. Darüber hinaus wird die sogenannte Mensch-Maschine-Interaktion intensiv erforscht und dazu ein Demonstrator aufgebaut. Die Fahrpläne der Shuttles im öffentlichen Nahverkehr sollen zudem mit einer weiterentwickelten App digital einsehbar und die Fahrten direkt buchbar werden. Nicht zuletzt ist die Bevölkerung nicht nur herzlich eingeladen, das neue Mobilitätsangebot zu testen, sondern sich im Rahmen der umfangreichen Akzeptanzforschung bei der Beurteilung und Weiterentwicklung der Innovationen selbst mit einzubringen. (SMO/PM/Sr)

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