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Bruno Sacco hat mit dem Design der O 404-Baureihe große Spuren in der Welt des Busdesigns hinterlassen. Foto: Daimler; Montage: omnibus.news

Das Leitmotiv der umlaufenden Facette ist beim O 404 konsequent über alle Baumuster – vom Clubbus bis zum Doppeldecker – realisiert worden. Grafik: Daimler, Foto: Schreiber

Bruno Sacco ist von 1958 bis 1999 für die damalige Daimler-Benz AG tätig, zuletzt seit 1975 und bis zum seinem Wechsel in den Ruhestand als Chefdesigner der Marke Mercedes-Benz. Neben den Pkw verantwortete er auch die Nutzfahrzeuge, als Meisterwerk gilt die O 404 Baureihe.

Während seiner Tätigkeit folgte er stets einem Grundsatz: „Ich bin nicht Designer bei Mercedes-Benz, weil ich ‚L’Art pour l’art‘ für meine Devise halte, die Kunst um der Kunst willen, sondern weil ich auch möchte, dass die Fahrzeuge, die ich zu verantworten habe, erfolgreich verkauft werden.“

Sacco hat das Erscheinungsbild von Mercedes-Benz während seiner 41-jährigen Tätigkeit wie bisher kein Zweiter geprägt, nicht zuletzt, weil er mit dem Design des O 404 eine neue Ära einläutete. Der Italiener erlebt ein Umfeld, das prägend war: Turin war damals ein Schmelztiegel neuer Designideen, die über den großen Teich aus den USA nach Europa kommen und sich dort mit italienischem Formgefühl und Eleganz zu neuen Kreationen verbinden.

Pinin Farina, Nuccio Bertone, Gigi Michelotti oder Carozzeria Ghia sind neben den Automobilherstellern Fiat und Lancia die Propheten neuen Automobil-Designs der 1950er-Jahre. Sacco, fasziniert von der Kreativität in der Welt der Automobilformen, entdeckt schnell die Anziehungskraft der Designateliers und wird dort zu einem häufigen Besucher.

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance, sagt ein Sprichwort, es betrifft nicht nur Menschen, sondern ebenfalls Fahrzeuge. Design ist daher ein wesentlicher Teil der Markenprägung, die Mercedes-Benz seit jeher konsequent verfolgt. Der markante und einzigartige Zentralstern kennzeichnet die Omnibusse von Mercedes-Benz seit mittlerweile fast sieben Jahrzehnten.

Doch es sind noch mehr Details, die dem Omnibus-Gesicht eines Mercedes-Benz sein unverkennbares Erscheinungsbild geben. Ein Mercedes-Benz visualisiert typische Attribute wie Souveränität, Innovation, Sicherheit, Solidität und Qualität. Neue Modelle bauen formal eine Brücke in die Zukunft, doch ihre Linienführung vernachlässigt nicht den Ausgangspunkt.

Beim Nutzfahrzeug-Programm widmete sich Sacco besonders der Aerodynamik – „eine wirtschaftlichere Methode, Kraftstoffersparnis zu erzielen, ist mir nicht bekannt.“ Bei der Vorstellung der richtungsweisenden Baureihe O 404 brachte er es auf den Punkt:

„Für den typischen Bus-Kunden ist ein schöner Bus, wenn auch zumeist nur im Unterbewußtsein, durchaus von Bedeutung. Ein ansprechendes Design unterstützt ein positives Fahrerlebnis.“ Und er betonte das „erkennbare und sinnvolle Maß an formalen Gemeinsamkeiten“ mit dem Limousinen-Programm.

Mit dem Mercedes-Benz Reisebus der Baureihe O 404, vorgestellt 1991, konnten die Designer unter der Federführung von Bruno Sacco, erstmals die modernen Möglichkeiten von Materialien und Gestaltung nutzen. Eine leicht nach unten ausgebuchtete Platte mit Zentralstern ersetzte den klassischen dunklen Grill, die Scheinwerfer waren angeschrägt.

Was Giorgetto Giugiaro von Italdesign auf dem Pkw-Sektor schon ein mal gelang, als er mit dem Entwurf des ersten VW-Golf für eine bahnbrechende Form sorgte, hat er mit dem Italia 99 wiederholt. Der Reisebus, 1981 konzipiert, löste sich von der bis dahin herrschenden Vorstellung, dass ein Omnibus nur Zweckfahrzeug sein sollte.

Mit dem O 404 zog Mercedes-Benz sozusagen nach, eine umlaufende Facette als Leitmotiv war etwas Neues. Beim O 404 hat der italienische Designer auch die größte und damit auffälligste Fläche, die Seite des Busses, maßgeblich in die Gestaltung einbezogen – und das zu Beginn der 90er Jahre! 

Mit einer kompletten Familie – vom Clubbus bis zum Doppeldecker  – hat die O 404-Baureihe von Mercedes-Benz die besondere Charakteristik der Seitenwand sozusagen populär gemacht und in Szene gesetzt. Mit dem O 404 präsentierte Mercedes-Benz am 27. August 1991 in Sindelfingen einen Reisebus, wie ihn die Welt so noch nicht von den Schwaben gesehen hatte.

Bruno Sacco strebte nauch beim Omnibus ach Schönheit, aber die entstand unter seiner Ägide nicht zufällig: Sie ergab sich aus der ernsthaften Beschäftigung mit Tradition, Technik und neuartigen ästhetischen Einflüssen. Ein Mercedes durfte sich nie so weit vom Vorgängermodell entfernen, dass dieses alt aussieht: Dafür prägte er den Begriff der „vertikalen Modell-Homogenität“.

Bruno Sacco hat immer wieder von „leiser Designkunst“ gesprochen, vom Verzicht auf modische Züge und Respekt vor der Tradition. Der Idee einer dauergültigen formalen Lösung hat er allerdings eine Absage erteilt: Es gebe sie ebensowenig wie eine dauergültige technische Lösung.

Bruno Sacco, unter dessen Ägide die O 404 Baureihe entstanden ist, ist im November 2023 stolze 90 Jahre alt geworden. 1933 in Udine geboren, haben den späteren Turiner Maschinenbaustudenten nicht zuletzt die respektvollen Worte des legendären Sergio Farina für Mercedes-Benz bewogen, sich in Sindelfingen zu bewerben.

Karosserien faszinierten Bruno Sacco schon immer: 1958, mit 24 Jahren, heuerte er an und zog nach Deutschland. Dort begann eine Karriere, die ihn schließlich an die Spitze des Mercedes-Designs befördern sollte, das er gut zwei Jahrzehnte lang dominieren sollte. Der vielfach ausgezeichnete Automobildesigner ist seit 1999 im Ruhestand. Dennoch ist er praktisch jedem Omnibusliebhaber ein Begriff. (DaimlerTruck/MercedesBenz/omnibus.news/Sr)

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