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Till Oberwörder, Leiter Daimler Buses. Foto: Schreiber

Till Oberwörder, Leiter Daimler Buses, setzt neben Elektromobilität auch auf konventionelle Antriebe, denn bei aller Euphorie verlange der Weltmarkt im Gegensatz zu Westeuropa nach sauberen und effizienten Dieselmotoren. In Westeuropa und hier in städtischen Ballungszentren werde sich in den nächsten Jahren Elektromobilität durchsetzen.S chon im Vorfeld der Auslieferung des ersten Elektrobusses mit Stern hat Daimler Buses bereits ein Batterie-Upgrade und ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle als Range-Extender angekündigt. omnibus.news sprach mit Till Oberwörder über eine spannende Zukunft der Citaro-Baureihe und die dafür angedachte Roadmap im Daimler-Konzern.

: Die Übergabe des ersten serienreifen eCitaro an einen Kunden ist ein Meilenstein. Wie geht es im Bereich der städtischen Elektromobilität weiter?
Oberwörder: Unsere Roadmap steht: Der Mercedes-Benz eCitaro hat seine Weltpremiere im September auf der IAA erlebt. Jetzt, keine zwei Monate später, liefern wir bereits den ersten serienmäßigen Bus aus. Noch in diesem Jahr werden weitere eCitaro folgen und die Fertigung fährt hoch. Die nächste Batteriegeneration und der Gelenkbus Citaro G sind bereits in der Pipeline.

: Wie gehen Sie mit der Batterietechnologie um, die sich vergleichsweise schnell entwickelt?
Oberwörder: Auch hier halten wir unsere Ankündigungen ein. Die nächste Generation der aktuell verwendeten Batterien folgt bereits im Jahr 2020 nach Erreichen der Serienreife. Der eCitaro ist aufwärtskompatibel, wer heute einen eCitaro ordert, kann ihn in ein paar Jahren mit den nochmals leistungsstärkeren Batterien der kommenden Generationen aufrüsten lassen. Gleichzeitig arbeiten wir unter Hochdruck an der Feststoffbatterie für den eCitaro. Mit ihr steht, ebenfalls 2020, eine echte Weltpremiere bevor. Damit bieten wir unseren Kunden dann die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Batterietypen für unterschiedliche Einsatzprofile.

: Sind Sie mit den Auftragseingängen für den eCitaro zufrieden?
Oberwörder:Als Vertriebsmann bin ich mit der Zahl der Auftragseingänge niemals ganz zufrieden. Die aktuellen Aufträge stammen von Kunden, die den neuen eCitaro noch vor Anlauf der Serienfertigung und ohne eigene ausgiebige Tests geordert haben. Über diesen Vertrauensvorschuss freuen wir uns. Auf der IAA hatten wir eine wirklich großartige Resonanz, zumal wir unsere Kunden neben dem eCitaro mit einem umfassenden Beratungs- und Servicekonzept unterstützen. Er ist ein echter Mercedes-Benz: Der Service ist bereits vor dem Bus da. Und der Bus kommt auch, seien Sie sicher.

: Nach dem Engagement im Linienbusbereich blickt die Bus-Branche nun auf Ihre Ideen, um den Reisebus zu elektrisieren.
Oberwörder: Für „elektrisierende Ideen“ bin ich immer offen. Ernsthaft: Wir werden jetzt ganz bestimmt nicht die Antriebs- und Batterietechnik des eCitaro in einem Reisebus unterbringen. Kein Busunternehmer will einen Reisebus alle zwei Stunden für längere Zeit ans Ladekabel hängen. Und wo wäre dafür in Deutschland und Europa eine verlässliche Infrastruktur? Wohin mit Gepäck, wenn der Kofferraum mit Batterien gefüllt ist? Für den klassischen Einsatz als Reisebus passt ein batterieelektrisch angetriebener Bus nach meiner Auffassung auf absehbare Zeit nicht. Dafür sind ganz andere Konzepte notwendig – lassen Sie sich überraschen.

: Und wie sieht es mit dem volldigitalen Cockpit, das es ja schon in der Lkw-Sparte gibt, für den Bus-Bereich aus?
Oberwörder: Alles zu seiner Zeit. Zunächst einmal haben wir für die neue Generation der beiden Cockpits im Tourismo und im Setra Doppelstockbus sowohl von Unternehmern als auch von Fahrern viel Lob bekommen. Auch das Cockpit des Citaro ist absolut State of the Art. Bei Stadtbussen muss außerdem ein schneller und unproblematischer Wechsel zwischen unterschiedlichen Fahrzeugen gewährleistet sein, das erfordert eine gewisse Vereinheitlichung von Anzeigen und Bedienungselementen. Schließlich lässt sich das Cockpit eines Lkw nicht 1:1 auf einen Omnibus übertragen – denken Sie allein an dessen zahlreiche Einbauten bis hin zur Unterhaltungselektronik. Da ist es bis zu einem voll digitalen Cockpit ein weiter Weg.

: Vielen Dank für das Gespräch!

Hintergrund-Information: Die nächste Generation der NMC‑Batterien mit größerer Kapazität und daraus resultierender gesteigerter Reichweite wird den Kunden schon kurz nach der Auslieferung der ersten eCitaro-Serie zur Verfügung gestellt. Nach derzeitigem Stand bereits in zwei Jahren. Mit 33 kWh pro Batterie­modul und einer daraus resultierenden Gesamtkapazität von bis zu 330 kWh deckt der eCitaro dann rund 50 Prozent aller Einsätze ab. Mit dieser größeren Batteriekapazität ist auch ein sinnvoller Einstieg für einen Gelenkbus eCitaro G und einer angemessenen Reichweite möglich. Nach SORT2 erreicht die erste eCitaro-Generation mit Batterie-Vollbestückung eine Reichweite von rund 150 Kilometern. Damit können Teilnetze im Tagespensum eines Stadtbusses bereits heute ohne Zwischenladung bedient werden. Bereits jetzt deckt der eCitaro ohne Zwischenladung etwa ein Drittel aller Anforderungen der Unternehmen ab. Mit der nächsten Stufe der Batterietechnik und entsprechend größerer Kapazität deckt der eCitaro bereits ab ca. 2020 rund 50 Prozent aller Strecken ab. Im gleichen Schritt startet der eCitaro als Gelenkbus. Da die künftigen NMC‑Batterien und die aktuell verwendeten Batterien geometrisch identisch sind und über die gleichen Anschlüsse verfügen, können Verkehrsbetriebe durch einen späteren Batterietausch sogar die Reichweitenperformance der vorhandenen eCitaro entsprechend steigern und damit die Flexibilität im Einsatz weiter ausbauen. Parallel zu dieser Entwicklung ist im gleichen Zeitraum ein weiterer Schritt bereits vorgezeichnet, der optionale Einsatz künftiger Lithium-Polymer-Batterien. Sie gehören ebenfalls zur Gattung der Lithium-Ionen-Batterien, jedoch liegt der üblicherweise flüssige Elektrolyt hier in einer festen Form vor, weshalb sie auch als Feststoff- oder Festkörperbatterien bezeichnet werden. Feststoff-Batterien zeichnen sich durch eine besonders große Lebensdauer sowie eine hohe Energiedichte aus. Mit einer nominellen Batteriekapazität von rund 400 kWh im Solobus und einer nochmals darüber liegenden Kapazität im Gelenkbus deckt der eCitaro dann etwa 70 Prozent aller Anforderungen ohne Zwischenladung ab. Feststoff-Batterien unterscheiden sich in ihrer Ausprägung deutlich von NMC‑Batterien: Sie haben eine andere Form, sind insgesamt voluminöser, nicht austauschbar gegen NMC‑Batterien und nicht für eine Schnellladung geeignet. Somit decken damit ausgerüstete Stadtbusse andere Einsatzprofile ab. Deshalb wird der eCitaro künftig wahlweise mit NMC- und Feststoff-Batterien angeboten. Im Anschluss wird die Reichweite des eCitaro nochmals durch einen Range-Extender in Form einer Brennstoffzelle zur Stromerzeugung gesteigert. Sie wird so ausgelegt, dass annähernd 100 Prozent aller Anforderungen an Stadtbusse abgedeckt werden. In dieser Variante kann der eCitaro rund 400 Kilometer weit fahren. Mit dieser Technik sind Zwischenladungen und die dafür notwendige aufwendige Infrastruktur in nahezu allen Fällen überflüssig – der eCitaro 2.0 könne Stadtbusse mit Verbrennungsmotor nahezu deckungsgleich ersetzen, wie es bei Mercedes-Benz heißt.

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