Mannheim hat schon immer für Aufsehen gesorgt: Der Maschinenbauer und Ingenieur Karl Benz richtete hier seine Mechanischen Werkstätten ein und baute 1885 einen dreirädrigen Motorwagen, der als die Geburtsstunde des Automobils gilt. Mannheims Ruf als Pionierstadt der Mobilität und Motorisierung war da. Ganze 132 Jahre später, genauer am 6. Januar 2017, ist in Mannheim ein autonomer, selbstfahrender Bus unterwegs. Noch im Rahmen des Neujahrsempfangs der Stadt Mannheim, noch als Zukunftsprojekt. Der fahrerlose, vollelektrische Bus von Easysmile zeigt, wie umweltfreundlicher Linienverkehr auf digitaler Basis entlang einer virtuellen Route in Zukunft funktionieren könnte. Der gezeigte Prototyp eines Shuttlebusses verfügt über je sechs Sitz- und Stehplätze und lud alle Interessierten in Mannheim, die das neue Fahrgefühl rund um den Wasserturm testen und erleben möchten, zur Mitfahrt ein. Die Präsentation beim Neujahrsempfang in Mannheim war der symbolische Start für das gemeinsame Forschungsprojekt „ShuttleMe – Lernender Betrieb für automatisierten und vernetzten ÖV im Blue Village Franklin“ der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN), der Stadt Mannheim sowie der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv). Ziel dieses Projektes ist die barrierefreie Feinerschließung eines Bedarfsverkehrs in Groß- und Klein-Städten sowie strukturschwachen Gebieten mit RoboShuttles, den automatisiert und später selbst fahrenden Kleinbussen. In Mannheim soll voraussichtlich ab Sommer 2017 ein eingeschränkter RoboShuttle Verkehr im Rahmen des Forschungsprojektes ShuttleMe als Pilotprojekt im Benjamin-Franklin-Village eingerichtet werden und als weiterer Baustein des Blue Village Konzeptes fungieren. Die RoboShuttles würden auf dem Areal die erste und letzte Meile in der Reisekette zurücklegen und damit die Verbindung zum Angebotsmix aus ÖPNV, Car- und Bike-Sharing herstellen. Der VRN, die Stadt Mannheim und die rnv sehen in der Ergänzung eines automatisierten und vernetzten ÖPNV-Angebotes die Möglichkeit, die Zukunft der Mobilität im VRN Gebiet aktiv zu gestalten und möchten dafür einen sicheren und effizienten Betrieb im digitalen Testfeld Benjamin-Franklin-Village erproben und vorantreiben. Die Projektbeteiligten haben sich deshalb im Rahmen der Initiative „Automatisiertes und vernetztes Fahren auf digitalen Testfeldern in Deutschland“ beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur um entsprechende Fördermittel beworben. Mit Blick auf Mannheim stellt man sich unweigerlich die Frage, was Mercedes-Benz in diesem Zusammenhang macht. Gut 200 Millionen Euro will Daimler bis 2020 in die Weiterentwicklung seiner Stadtbusse stecken. Und die wird auch autonom sein, wie im Sommer letzten Jahres in Amsterdam zu sehen war. Dort führte Mercedes-Benz mit dem Future Bus einen solchen Bus der Zukunft vor. Busse haben Fahrstreifen, die sie sich – außer mit Bussen – nicht mit anderen Verkehrsteilnehmern teilen. Bis sich Busse komplett ohne Fahrer im Stadtverkehr zurechtfinden, wird es aber noch dauern. “Unsere Pkw-Kollegen werden zuerst mit vollautomatischen Fahrzeugen in Städten unterwegs sein”, sagte Hartmut Schick, der den Busbereich im Daimler-Konzern verantwortet. Überall auf der Welt wird über solche Technologien nachgedacht, die den Stadtverkehr flüssiger gestalten sollen. Bis in Deutschland ein fahrerloser Bus auf den Straßen rollt, dürfte es hingegen dauern. Das deutsche Recht, das sich an das sogenannte Wiener Übereinkommen für den Straßenverkehr hält, erlaubt die komplette Kontrollabgabe der Autofahrer nicht, noch nicht. Bevor im Stadtverkehr die Busse mit teilautonomen Systemenfahren, werden es wohl Fernbusse auf Autobahnen sein, die diese Technik nutzen werden. Auch dort werden allerdings andere die Vorreiterrolle einnehmen: “Die Lastwagen werden dabei bis Ende dieses Jahrzehnts den Anfang machen, wir kommen danach”, so Schick. Bevor diese Technik in der Bussparte Einzug erhält, will Mercedes-Benz noch mit einem neuen Antrieb punkten: Stadtbusse mit Stern sollen zukünftig auch elektrisch fahren. Für 2018 plant Daimler einen rein elektrisch betriebenen Bus, der bei den Kosten mit einem Diesel vergleichbar sein soll. “Wir haben die kleinen Pilotprojekte in Städten gestoppt und entwickeln stattdessen für 2018 einen Elektrobus in Serie, der mit seinen Gesamtkosten über den Lebenszyklus an den Dieselbus herankommt”, erklärte Schick seinerzeit in Amsterdam. Der Ansporn für Daimlers Ingenieure ist klar: Batteriekapazitäten entwickeln sich so schnell nach oben, dass in Zukunft große Teile des ÖPNVs mit Elektrobussen dargestellt werden können. Somit könnte ein Erfolg autonomer Stadtbusse in Zukunft auch dem Standort Mannheim zugute kommen. Mercedes-Benz stellt in Mannheim die Stadtbusse der Baureihe Citaro her, die auch die Basis für den Elektrobus bilden. Außerdem werden in Mannheim noch die Rohkarosserien für andere Busse, eben auch Fernbusse, gefertigt.
RNV testet ShuttleMe
10. Januar 2017