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Roland Prejawa, Aufsichtsratsvorsitzender von Tassima. Foto: Schreiber

44 Jahre alt, aber höchst spannend: So lässt sich der erste Sightseeing-Doppeldecker beschreiben, den der Automobilentwickler IAV zusammen mit dem Achs- und Elektroantrieblieferanten Ziehl-Abegg und Tassima als Fahrzeugbauer auf die Räder gestellt hat. “Nach Euro-Norm lässt sich der Doppeldecker gar nicht klassifizieren”, so Roland Prejawa, Aufsichtsratsvorsitzender von Tassima. Innerhalb von nur drei Monaten hat das Team von Tassima den betagten Linienbus aus Berlin mit Baujahr 1974 elektrifiziert, um damit auf der IAA Nutzfahrzeuge 2018 für das Projekt zu werben. Der Fahrzeugaufbauer ist auf den Umbau von dieselbetriebenen Nutzfahrzeugen zu Elektromobilen spezialisiert und will mit Hilfe von IAV und Ziehl-Abegg die gelieferten Komponenten in die Doppeldeckerbusse für Berlin einbauen. Denn die sollen zukünftig rein elektrisch mit Touristen durch die Hauptstadt stromern. “Mit unseren engen Kontakten zu Stadtrundfahrtbetrieben kennen wir die Bedürfnisse der Unternehmen und wissen, was Städte in den nächsten Jahren fordern werden,” so Prejawa. Und auch der Gedanke, nachhaltig zu handeln, passt in Berlin in das Konzept, denn die historische Doppeldecker haben die Stadt geprägt und ihr Charme kommt bei Touristen gut an. Die Elektro-Triebwerke und die Leistungselektronik des Elocity genannten Antriebsstrangs sind dabei in den Radnaben integriert. Der MAN SD 200 erhielt im Zuge der Umrüstung eine neue Achse, eine Batterie mit einer Kapazität von 145 kWh, einen On-Board-Charger sowie einen Wandler für die Umsetzung von Hochvolt auf Niedervolt und einen Traktionsnetzverteiler sowie eine entsprechende Box für Hochvolt-Relais. Etwas fremd wirkt das tablettartige Anzeigesystem (u.a. mit dem Ladezustand der Batterie) für den Fahrer, was direkt an der Armaturentafel verbaut wurde. Rund 120 km beträgt die Reichweite des Prototyps, ausreichend, wie die Berliner Sightseeing-Betreiber an Tassima rückgemeldet haben. Die Berliner haben recherchiert und gut 100 Oldtimer in Deutschland entdeckt, die als Sightseeing-Bus im Einsatz sind. Europaweit sollen es sogar 500 Bus-Oldtimer sein, die umgerüstet werden können. Mit Blick auf die Kosten könnte die Geschäftsidee aufgehen, denn “die im Retrofit-Verfahren elektrifizierten Sightseeing-Busse kosten 60% eines vergleichbaren Neufahrzeugs”, sagt Prejawa. Attraktive Finanzierungsmodelle sollen den Unternehmen die Umrüstungsentscheidung leicht machen. In Brandenburg ist Tassima dabei, unweit des Flughafens Schönefeld in Mittenwalde, Ortsteil Ragow, ein Produktions- und Logistikzentrumim im Industriepark aufzubauen, um in den nächsten Jahren mehrere hundert Fahrzeuge umrüsten zu können. Und dabei dürfte es nicht nur um Sightseeing-Doppeldeckern handeln: Die kompakte Bauteile des Elocity-Antriebs lassen sich problemlos in einem Niederflurbus verbauen. Und die Batterie können je nach gewünschter Reichweite individuell angepasst werden, wie es seitens Tassima heißt. Im nächsten Jahr geht es los, „2019 wollen wir 25 Busse umbauen, 2020 könnten es 100 werden“, sagt Roland Prejawa.

Das Cockpit mit dem Charme der 70er, Dank Tablett aber auf der Höhe der Zeit. Foto: Schreiber

Neuaufgepolstert und mit Elektroantrieb bereit für weitere Stadtrundfahrten. Foto: Schreiber

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