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Nur 1 Prozent der amerikanischen Schulbusse fahren elektrisch – das soll sich ändern. Foto: IA

Der gelbe US-Schulbus ist eine rollende Ikone, die seit 1939 auf den Straßen Nordamerikas scheinbar unverändert unterwegs ist. Auch wenn die weltweit scheinbar einzigartige Gefährt für die ausschließliche Beförderung von Schülern bisher scheinbar kaum eine Veränderung erfuhr, jetzt wird es wirklich spannend, im wahrsten Sinne: Durchschnittlich 480.000 gelbe Klassiker befördern in den USA täglich mehr als 25 Millionen Schüler. Derzeit sind nur 1% der amerikanischen Schulbusse mit einem Elektroantrieb haben ausgestattet. Joe Bidens Build Back Better-Plan für die Schaffung einer widerstandsfähigeren und vor allem nachhaltigeren Wirtschaft sieht vor, alle in Amerika hergestellten Busse bis 2030 emissionsfrei zu machen, beginnend mit der Schulbusflotte! Und die soll nun innerhalb von fünf Jahren komplett umgestellt werden, wie Interact Analysis berichtet. Die Londoner Analysten haben gerade ihren Bericht zur Lage des Lkw- und Busmarktes veröffentlicht, Bidens Buspolitik gilt durchaus als ambitioniert. Aber in diesem Falle dürfte ihn auch die Opposition bzw. der ganze Senat unterstützen, denn wer will mit Blick auf die nächste Generation gegen das Projekt stimmen? Kinder und saubere Luft geht immer, oder? Aktuell sind auch Politikern mehrere Studien im Umlauf, die nachgewiesen haben, dass eine schlechte Luftqualität für hohe Raten von Asthma, Krebs und Herzerkrankungen verantwortlich ist. Forscher der öffentliche Gesundheitsschule der Harvard University (Harvard T.H. School of Public Health) hat gezeigt, dass nur ein geringer Anstieg der Feinstaubbelastung, beispielsweise durch Dieselmotoren von Schulbussen, zu einem Anstieg der Sterblichkeitsrate aufgrund von COVID-19 um 15 Prozent führt. Und weil die gelben Klassiker jedes Jahr viele Kilometer machen, sollen sie nun zuerst umgestellt werden, um so die schädlichen Emissionen in ihrem Umfeld drastisch zu reduzieren. Ein Bericht des US PIRG Education Fund aus dem Jahr 2018 ergab, dass die Umstellung von US-Schulbussen von Diesel auf Elektroantrieb die Emissionen um 5,3 Millionen Tonnen senken würde – das entspricht etwa einer Million Autos. Außerdem sichert die Umstellung auf elektrische Schulbusse Arbeitsplätze bzw. schafft auch neue, denn der Markt und Bedarf ist groß. Und es geht nicht nur um die Arbeitsplätze bei den Busherstellern, sondern auch bei den Zulieferern, wie Interact Analysis in dem Bericht betont.  Für den Neustart der Wirtschaft nach der COVID-19-Pandemie sei die Umstellung ein Zeichen, so die Briten weiter, zumal der US-Busmarkt stark auf Schulbusse ausgerichtet sei: Im Jahr 2020 registrierten die USA 40.714 neu zugelassene Schulbusse und nur 5.402 Stadtbusse. Die von Interact Analysis erarbeitete Marktuntersuchung des nordamerikanischen Schulbussektors pronostiziert bis 2030 ein enormes Wachstum für elektrische Schulbusse. Im Jahr 2019 wurden in den USA über 40.000 Schulbusse registriert, von denen lediglich 240 elektrifizierte emissionsfreie Fahrzeuge waren, wie Interact Analysis schreibt. Viele Schulbezirke führen Pilotprojekte mit elektrischen Schulbussen durch, aber noch seien die Bestellungen äußerst niedrig, und viele Elektrobusprojekte wären aufgrund mangelnder Bundesunterstützung in ihren Pilotphasen ins Stocken geraten. Eine wichtige Ausnahme bildet der Bundesstaat Virginia, wo Dominion Electric in Zusammenarbeit mit den örtlichen Schulbezirken das größte elektrische Schulbusprojekt des Landes mit 50 in Betrieb befindlichen elektrischen Schulbussen im Jahr 2020 und der geplanten vollständigen Elektrifizierung der Flotte von 1.500 Bussen eingerichtet hat – bis 2030.Wenn jetzt wirklich alle Bundesstaaten E-Schulbusse bestellen, dann werden die Hersteller dies aber nicht bedienen können. Laut Interact Analysis sollen in den nächsten 10 Jahren über 560.000 Schulbusse gebaut werden, von denen etwas weniger als 27.000 elektrifiziert werden. Um das Ziel von 100% emissionsfreien Schulbussen zu erreichen, ist daher ein exponentieller Kapazitätssprung für Elektrobus-Hersteller und deren Zulieferer erforderlich. Welche Unternehmen werden von einem starken Anstieg der emissionsfreien Schulbusse profitieren? Es ist wahrscheinlich, dass die derzeit kurzfristig größten Produktionskapazitäten von den derzeitigen etablierten Unternehmen – Thomas Built und IC Bus kommen werden. Thomas Built und IC Bus haben bereits entsprechende Fahrzeuge im Angebot und profitieren vom Knowhow der Konzerne, zu denen sie gehören: Thomas Built Buses zu Daimler und IC Bus zu Navistar und damit zu Volkswagen. Das kanadische Unternehmen Lion Electric wird ebenfalls gut abschneiden, da es im Segment der elektrischen Schulbusse einen First-Mover-Vorteil hat, wie Interact Analysis prognostiziert. Zu den Mehrkosten bei der Anschaffung merkt Interact Analysis an, dass diese im Vorfeld (gemeint ist die Entwicklung) u.a. durch die Strafen der Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal bezahlt wurden, fast drei Milliarden Dollar davon sind in einen Umweltfonds geflossen, aus dem Elektrobusse finanziert wurden. Aus dem sogenannten VW Diesel Emissions Environmental Mitigation Trust haben inzwischen nahezu alle Bundesstaaten entsprechende Mittel für rein elektrische Schul- und Linienbusse sowie Ladestationen beantragt. Zu den zusätzlichen Kosten beim Kauf gibt es hingegen noch keine konkreten Aussagen. Dominion Energy in Virginia untersucht in diese, Zusammenhang einen interessanten und höchst originellen Einsatz von Schulbussen: Wenn diese nicht in Betrieb sind, werden sie als Energiespeicher genutzt, die an das Stromnetz angeschlossen sind. Ungeachtet der Vorabkosten ergab der Bericht des PIRG Education Fund, dass jeder Elektrobus den Schulen jährlich etwa 2.000 USD an Kraftstoffkosten und 4.400 USD an Wartung einsparen würde – Geld, das für Schulpersonal, Gebäude und Materialien ausgegeben werden könnte. (InteractAnalysis/PM/Sr)

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