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Daimler Buses will den kompletten Rohbau von Mannheim nach Holysov (Tschechien) verlegen. Foto: Daimler, Schreiber; Montage: omnibus.news

Beim Rohbau ist beim Zusammenbau von Unterbau, Seitenwänden und Dach oder Radkästen noch Handarbeit gefordert. Foto: Daimler

Sorge bei den Arbeitnehmern von EvoBus an den Standorten in Mannheim und Neu-Ulm. Droht ein Job-Kahlschlag, wie es Gewerkschaftler nennen? Auf einer am 29. Juni 2022 kurzfristig anberaumten Informationsveranstaltung für die Beschäftigten bei EvoBus teilte die Unternehmensleitung in Mannheim mit, dass Teile der Produktion ins Ausland verlagert werden sollen.

U.a. soll der gesamte Rohbau in Mannheim geschlossen werden. Davon wären dann nach Angaben der IG Metall Mannheim etwas 1.000 Beschäftigte betroffen. Am Standort Ulm stünden weitere rund 500 Arbeitsplätze auf der Kippe, so die Gewerkschaft weiter. Und das werde man nicht tatenlos hinnehmen.

Es folgt, was folgen muss, Arbeitsgeber und Arbeitnehmer gehen in die Informationsphase und tauschen belastbare Informationen zur aktuellen Lage des Busgeschäfts und der Standorte aus. “Die Auseinandersetzung hat begonnen. Wir werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für unseren Standort kämpfen,” so Bruno Buschbacher, Betriebsratsvorsitzender in Mannheim.

Und Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim ergänzt : “(…) (wir) stellen infrage, ob sich eine Verlagerung ins Ausland überhaupt wirtschaftlich rechnet.” Ein erfahrener Wirtschaftssachverständiger wurde mit der Prüfung von Wirtschaftlichkeit und Auswirkungen beauftragt.

Für den Standort Mannheim und Neu-Ulm wurden mehrseitige Fragenkataloge erstellt, die nun seitens Daimler Truck beantwortet und mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen dargelegt werden muss. Die Arbeitnehmervertretung will nach Kenntnis der Antworten und Zahlen Gegenkonzepte entwickeln.

Und auch die Politik ist mittlerweile im Spiel: „Die Landesregierung muss ihr politisches Gewicht in die Waagschale werfen, um den Job-Kahlschlag zu verhindern“, so Boris Weirauch, SPD-Wirtschaftsexperte und Mannheimer Landtagsabgeordnete. Parteiübergreifend melden sich Politiker und wollen ihren Einfluss beim Bushersteller geltend machen.

Nun werden Themen wie Ausschreibungspolitik der kommunalen Verkehrsbetriebe oder auch Förderungs- und Subventionsthemen und politischem Druck besprochen, damit tarifgebundene Arbeitsplätze, mit denen viele tausend Menschen versorgt sowie Steuer und Sozialabgaben entrichtet werden, nicht dem Kahlschlag zum Opfer fallen, wie es seitens der IG Metall Mannheim heißt.

“Das nehmen wir nicht kampflos hin, sondern werden jetzt in eine harte Auseinandersetzung gehen”, so Thomas Hahl. Es brauche für beide Standorte – also Mannheim und Ulm – ein gemeinsames Zukunftskonzept. Hahl: “Da werden wir uns auch nicht auseinanderdividieren lassen.” Das, was das Unternehmen bisher vorgelegt habe, sei “kein Konzept, das ist reiner Personalabbau.”

Wenn es in den deutschen Buswerken ein angebliches Kostenproblem gebe, liege das auch daran, dass in der Vergangenheit Investitionen in die Effizienz versäumt worden seien, wie die IG Metall schreibt. Laut dem Mannheimer IG-Metall-Geschäftsführer Hahl sei der Karosserierohbau das Herzstück von EvoBus in Mannheim. 

Daimler Truck ist börsennotiert und auf Sparkurs, während die Verlagerung des Rohbaus von Mannheim nach Tschechien vorgeschlagen wird, meldet der Konzern gleichzeitig im zweiten Quartal einen Gewinn, die Aktionäre wird es freuen. Auch Daimlers Bussparte ist Teil des Sparplans, der die Kostenreduktion im Produktionsverbund bis 2030 um 100 Millionen Euro vorsieht – und die eingesparten Stellen sollen sozialverträglich abgebaut werden.

All dies geschehe, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu stärken, wie Till Oberwörder, Leiter der Bussparte von Daimler Truck, gegenüber dem Mannheimer Morgen in einem Interview erklärte. Keine Frage, mit Blick auf steigende Energiekosten oder auch die Lohnkosten gehört Deutschland im Fahrzeugbau weltweit zu den teuersten Ländern. Die die Verlagerung des Rohbaus ollen Lohnkosten von 30 Mio. EUR jährlich eingespart werden, wie die IG Metall mitteilt.

Die Stimmung unter den Arbeitern sei „sehr, sehr emotional geprägt“ gewesen, sagt Bruno Buschbacher, Vorsitzender des Evobus-Gesamtbetriebsrats im Zusammenhang mit der Informationsveranstaltung. Wohin geht die Reise für den letzten deutschen Bushersteller? Laut Gewerkschaft strebt Daimler Truck außerdem eine Deckelung der Produktion auf jährlich maximal 1.400 Linienbusse an. Alle weiteren Fahrzeuge sollen dann im französischen Ligny gefertigt werden.

Und in Neu-Ulm soll die Maximalproduktion auf 1.200 Omnibusse schrumpfen. Weitere Fahrzeuge sollen aus dem Werk im türkische Hosdere. Hierdurch sollen in Summe 40 Mio. EUR jährlich eingespart werden, wie die IG Metall schreibt. Und es stühen noch weitere Fixkostenprojekte mit einem Einsparvolumen von 30 Mio. EUR pro Jahr auf der Agenda, so die Gewerkschaft.

Das wäre ein weiterer Rückschlag für die Produktion in Deutschland, denn in den Zeiten vor Corona mit einem blühenden Reisebusmarkt wurden bis zu 2.500 Omnibusse – das Doppelte! – in Neu-Ulm gefertigt. Aber jetzt geht es erst einmal um die Zukunft des Standortes Mannheim. Daimler Truck bezeichnet die Sparmaßnahmen als Vorschläge.

Es gehe nicht nur um die Zukunft von EvoBus, sondern den gesamten Industriestandort Mannheim, so die Gewerkschaft. Sie wirft dem Management Fehler vor, es sei doch gerade jetzt Konsens, weniger ins Ausland zu verlagern. Genau das werde jetzt in Frage gestellt, so Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim. Die IG Metall will an den Verhandlungstisch, um gemeinsam ein Zukunftskonzept zu entwickeln. Die Arbeitsplätze einfach zu streichen, sei keine Option.

Das Markt- und Wettbewerbsumfeld sei dynamisch wie nie zuvor und der Wettbewerb unserer Branche werde sich immer weiter verschärfen, so Peter Smodej im Südwestrundfunk zu der angedachten Verlagerung der Rohbaufertigung. Alle Maßnahmen, alle Planungen, alle Diskussionen führen wir immer mit Blick auf den Erhalt unserer Standorte in Deutschland, wie es in einer Pressemitteilung von Daimler Truck heißt. (DaimlerTruck/IGMetallMannheim/omnibus.news/Sr)

In Mannheim kommt im Rohbau auch Hightech zum Einsatz, wie die drehbare Laser-Schweißvorrichtung für die Citaro-Seitenwand zeigt. Foto: Daimler

Der Daimler Standort in Mannheim, die Busproduktion befindet sich in den Hallen im oberen rechten Bereich. Foto: Daimler

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