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Die Mobilitätsstudie 2020 von Continental belegt den Trend zum Individualverkehr. Foto: Schreiber

Seit 2011 führt das Technologieunternehmen Continental in regelmäßigen Abständen Mobilitätsstudien zu unterschiedlichen Fokusthemen durch. Die Mobilitätsstudie 2020 (zum Download bitte klicken) ist bereits die sechste, wobei jeweils Menschen in Deutschland, Frankreich, den USA, China und Japan bezüglich ihrer Einstellungen zu verschiedenen Aspekten der Mobilität befragt werden. Eines der Kernthemen der aktuellen Studie ist die Elektromobilität. Die Befragung für die Auflage 2020 lief in zwei Wellen, die jeweils unterschiedliche Schwerpunktthemen setzten. Befragt wurde in der ersten Welle im September 2020 ein jeweils bevölkerungsrepräsentatives Sample in fünf Ländern von drei Kontinenten: Deutschland, Frankreich, USA, Japan und China. Neben den Erwartungen und Einstellungen zum elektrischen Fahren wurden Veränderungen der Mobilität vor dem Hintergrund der globalen Covid-19-Pandemie abgefragt. Der Kampf gegen die Verbreitung des Virus hat die Mobilitätsaufkommen in allen befragten Ländern durch strenge Verhaltensmaßnahmen für die Bevölkerungen zeitweise massiv verkleinert. Gleichzeitig veränderte sich, auch nachdem Maßnahmen gelockert und die Mobilität verstärkt wieder hochgefahren wurde, das Verhalten vieler Menschen. Konkrete Verhaltensänderungen, Einstellungen und Erwartungen lassen sich anhand der Umfrageergebnisse ablesen.​​​​​​​Elektromobilität war bereits im Jahr 2011 thematischer Schwerpunkt der Mobilitätsstudie, 2013 wurden die Einstellungen zu diesem Thema ebenfalls abgefragt. Allerdings ist eine Dekade danach erneut die Zeit gekommen, das Thema alternativer Antriebe, besonders batteriebetriebene Fahrzeuge, in den Fokus zu rücken. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Einerseits ist die Verbreitung der elektrisch betriebenen Fahrzeuge deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, die in den vergangenen Jahren formuliert worden waren. Andererseits ist das Thema der ökologischen Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren endgültig im gesellschaftlichen und politischen Mainstream angekommen, für viele Unternehmen ist es vom Nice-to-have zu einer zentralen Säule des Geschäftsmodells geworden. So stellt sich die Frage, wie die Menschen in führenden Industrieländern von drei Kontinenten heute auf das Thema Elektromobilität blicken. Mit Blick auf den ÖPNV ist Elektromobilität in 2020 das zentrale Thema, insgesamt sind seit 2012 bis September 2020 in Westeuropa und Polen ganze 4.068 batterielektrische Linienbusse zugelassen worden. Elektrobusse sind europaweit auf der Überholspur, Ende September 2019 wurde die Zahl von 1.000 Elektrobussen überschritten, zum Jahresende 2019 verzeichnet die Statistik europaweit insgesamt 1.687 Elektrobusse. Wer hier einen Blick auf die Zahlen der Vorjahre wirft, der staunt nicht schlecht: 2018 waren es “nur” 548 – in nur einem Jahr hat sich die Anzahl der europaweit zugelassenen Elektrobusse verdreifacht! Elektromobilität gilt als zentrales Zukunftskonzept, um besonders den Individualverkehr nachhaltiger zu gestalten. Der Absatz von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen liegt allerdings – sowohl in Deutschland als auch nahezu allen anderen Teilen der Welt – deutlich hinter den Erwartungen und dem benötigten Ausmaß hinsichtlich der anvisierten Einsparziele bei den Treibhausgasemissionen zurück. Rund ein Drittel der Befragten in Deutschland gibt in der Mobilitätsstudie 2020 an, sich den Kauf eines Elektroautos zukünftig vorstellen zu können, noch im Jahr 2013 waren dies nur 17 Prozent. Verhalten, das gilt auch für den ÖPNV in Zeiten der Corona-Pandemie: Schon seit Längerem herrscht in Bussen und Bahnen eine Maskenpflicht. Auch ein Mindestabstand zu anderen sollte eingehalten werden. Die Lage in Deutschland spitzt sich weiter zu, der zweite Teil-Lockdown beeinflusste auch wieder die Akzeptanz des öffentlichen Personenahverkehrs. Die Corona-Pandemie hat die Fahrgastzahlen in den Bussen einbrechen lassen. Um Fahrgäste wieder zurück in die Busse zu holen, werben viele Verkehrsunternehmen zusätzlich zu den zahlreichen Hygienemaßnahmen mit technischen Neuerungen – vom Filter bis hin zu Angaben der Auslastung. Umfragen ergaben, dass vor allem Besserverdienende in der Corona-Pandemie auf das Auto umstiegen. Das ist auch der Mobilitätsstudie 2020 zu entnehmen: Der Individualverkehr hat im Zuge der Covid-19-Pandemie massiv an Bedeutung gewonnen. Er geht deutlich gestärkt aus der Krise hervor: Um den Kontakt zu anderen Menschen zu minimieren, sind viele mit dem Fahrrad oder Auto unterwegs, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel dagegen ist deutlich zurückgegangen. Obwohl viele Menschen in der Krise deutlich weniger mobil waren als zuvor, berichtet ein großer Teil von ihnen, das Auto sogar noch mehr zu nutzen. Besonders ausgeprägt ist dieses Verhalten in China: Fast die Hälfte der Befragten dort gibt an, mehr mit dem Auto unterwegs zu sein. In Deutschland ist es noch immer ein Viertel der Befragten. Selbst in Frankreich, wo die Bewegungsfreiheit und damit die Mobilität besonders stark eingeschränkt wurden, haben 16 Prozent der Bevölkerung das Auto häufiger genutzt als vor Beginn der Pandemie, wie die Analysten für Continental für die Mobilitätsstudie ermittelt haben. Ähnlich verhält es sich mit dem Fahrrad, das im vergleichbaren Rahmen an Bedeutung gewonnen hat. Ganz anders sieht es dagegen bei öffentlichen Verkehrsmitteln aus: Die Hälfte der Deutschen gibt an, dass sie weniger auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen als zuvor, in China und Japan sind es sogar mehr als die Hälfte. Die Frage ist, ob sich diese Entwicklung auch nach der Krise verstetigt. Einige Ergebnisse der Umfrage deuten dies an: Zwischen sechs Prozent (Deutschland) und 15 Prozent (USA) der Befragten berichten nämlich, dass sie ein Auto gekauft haben oder dies in Betracht ziehen – eine mittel- bis langfristig ausgerichtete Entscheidung. In China, wo der Anteil der Autobesitzer noch deutlich geringer ist, sind es sogar 58 Prozent der Befragten. In Deutschland sind in diesem Jahr so wenige Menschen mit Bussen gefahren wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) mitteilte, sank die Auslastung auf rund 40 Prozent, nachdem sie jahrelang nur gestiegen war. “Die Corona-Pandemie hat im ÖPNV tiefe Spuren hinterlassen”, sagte Verbandspräsident Ingo Wortmann. “Sowohl die Fahrgastzahlen als auch die Einnahmen sind eingebrochen, weil die Menschen zu Hause geblieben sind und ihnen die Anlässe für die Fahrten gefehlt haben.” Im Jahr 2019 waren noch 13,3 Milliarden Euro an Fahrgeld-Einnahmen zusammengekommen. Gut 9,4 Milliarden Euro kamen zusätzlich von der öffentlichen Hand. Für 2020 erwartet die Branche einen coronabedingten Rückgang der Fahrkarten-Einnahmen um 3,6 Milliarden Euro. Auch 2021 werde man deutlich unter der üblichen Summe bleiben, so die Prognose. Bund und Länder haben zum Ausgleich für die fehlenden Einnahmen einen Rettungsschirm von bis zu fünf Milliarden Euro in Aussicht gestellt, denn der Nahverkehr in Deutschland gilt als systemrelevant. (Continental/VDV/PM/Sr)

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