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Der Absatz im Busbereich von MAN Truck & Bus ging von rund 7.400 Einheiten im Jahr 2019 auf rund 4.600 Einheiten im Jahr 2021 zurück. Und in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 wurden rund 2.800 Busse verkauft. Foto: MAN, Neoplan; Montage: omnibus.news

Nicht nur die Corona-Pandemie, auch der russische Angriffskrieg hat die Buswelt verändert. Doch schon vorher waren die (Absatz-)Zahlen nicht mehr die, die einst der Busbranche zu Höhenflügen animierte. Vor gut zehn Jahren jubelten die Bushersteller unisono, 34.000 Omnibusse wurden auf dem europäischen Markt neu zugelassen. Das Jahr 2008 bescherte der Busbranche ein bislang nie wieder erreichtes Allzeit-Hoch.

Danach gingen die Absatzzahlen bergab, schon vier Jahre später waren es nur noch 25.000 neue Omnibusse. Alle Nutzfahrzeughersteller sahen sich im Busbereich herausgefordert, neben Überkapazitäten waren es die hohen Produktionskosten, mit denen sie zu kämpfen hatten. Und nicht nur damit, die großen Bushersteller mussten sich gegenüber mittelständischen Unternehmen wie beispielsweise VDL behaupten, die ihre neuen Produkte schneller und kundenorientierter auf den Markt bringen konnten.

Durch die zahlreichen (neuen) Wettbewerber brach vereinzelt in Preiskampf aus, die großen Hersteller sahen die Profitabilität schwinden und verlagerten Teile der Produktion ins Ausland, um die Kostenseite in den Griff zu bekommen – sprich: weiterhin Gewinne zu schreiben. Omnibusse wurden nicht mehr nur handwerklich gebaut, die großen Hersteller sahen die Lösung darin, diese  industriell zu fertigen.

MAN beispielsweise ernannte Ankara zum Standort für die Serienproduktion von Reisebussen, im sächsischen Plauen entstand das Bus-Modifizierungs-Zentrum. Und die in Polen in Posen und Starachovice gefertigten Linienbusse wurden aus Gründen der Rationalisierung zusammengelegt. Bei MAN kalkulierten die Verantwortlichen mit 8.000 Omnibussen pro Jahr, die an beiden Standorten gefertigt werden können, wie ein Insider gegenüber omnibus.news rückblickend bestätigt.

Von dieser Zahl ist MAN im Jahr 2022 weit entfernt, im Jahr 2021 waren es nur noch 4.600 Omnibusse – trotz des Elektrobusbooms! Die anhaltend schwierige Markt- und Absatzsituation zwang MAN erneut zum Handeln: Nur in Polen kommuniziert, aber auch in deutschen Fachmedien zu lesen, war der geplante Abbau von bis zu 860 Arbeitsplätzen bei MAN Bus Starachowice in Polen. Aufgrund der kriegsbedingten Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage in der Ukraine und dem damit verbundenen Anstieg der Material- und Energiekosten ist eine deutliche Verbesserung der Markt- und Absatzlage und damit der Entwicklung des Busbetriebs im Jahr nicht zu erwarten kurz- und mittelfristig.

Aus diesen Gründen ist es für MAN dringend erforderlich, die Struktur dieses Geschäftsbereichs anzupassen, wie es aus internen Kreisen gegenüber omnibus.news heißt. Der Absatz im Busbereich ging von rund 7.400 Einheiten im Jahr 2019 auf rund 4.600 Einheiten im Jahr 2021 zurück. Und in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 wurden rund 2.800 Busse verkauft. MAN strebt eine Senkung der Personalkosten in der internationalen Produktionsstruktur im Bereich Busse an, wie es intern heißt. Das polnische Produktionswerk produziert künftig acht statt bisher zwölf Buseinheiten pro Tag.

MAN handelte und plante eine weitere Restrukturierung des Busgeschäfts, wie ein Insider gegenüber omnibus.news erklärte. Das Maßnahmenpaket sieht die Senkung der Material-, Energie-, Produktions- und Entwicklungskosten einschließlich des Abbaus von Arbeitsplätzen vor. Nun hat sich die Geschäftsführung von MAN mit den Betriebsgewerkschaften auf die Eckpunkte der – nach eigenen Angaben – sozialverträglichen Lösungen für den Standort Starachowice geeinigt.

Es gibt Versetzungen bzw. 250 neue Stellen im Lkw-Werk in Krakau und 60 neue Stellen im Werk in Banovce (Slowakei). Wer das Angebot der Versetzung annehme, werde nach Angaben von MAN u.a. auch beim Umzug finanziell unterstützt. Wer vor Ort bleiben muss, dem bietet MAN nach Rücksprache mit einem Kabelzulieferer einen der fast 500 neuen Arbeitsplätze im PKC-Werk in Starachowice an. Die PKC Group ist Teil der Motherson Group, die Kabelbäume für MAN Truck & Bus in unmittelbarer Nachbarschaft zur Busproduktion fertigt.

„Wir haben es geschafft, uns mit den Mitarbeitern auf Lösungen für das Unternehmen und die Mitarbeiter zu einigen. Besonders freut mich, dass wir nahezu allen von Umstrukturierungen betroffenen Mitarbeitern ein alternatives Arbeitsplatzangebot anbieten können – entweder bei MAN oder bei einem externen Unternehmen in unmittelbarer Nähe des MAN-Werks in Starachowice“, sagt Michael Kobriger, Vorstand Produktion und Logistik bei der MAN Truck & Bus SE.

Die beiden Busfabriken in Ankara (Türkei) und Starachowice (Polen) werden die Produktion fortsetzen, hier sei aber eine Anpassung der täglichen Produktionskapazität an aktuelle Marktentwicklungen nötig, so MAN. Der Abbau der Arbeitsplätze in Polen soll bis Ende Juni 2023 abgeschlossen sein, und zwar unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben, wie MAN erklärt. Zusätzlich zu den Stellenangeboten einigte man sich mit den Gewerkschaften auf Abfindungspakete, die über die im polnischen Recht vorgesehenen hinausgehen. (MAN/omnibus.news/Sr)

 

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