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Gehen nach dem Mangel in der Logistikbranche bald auch den Busbetrieben in Großbritannien die Fahrer aus? Foto: BYD

Die Lkw-Branche zahlt in Großbritannien aufgrund des Fahrermangels aktuell sehr gute Löhne. Nun wechseln die Busfahrer, von denen es schon jetzt zu wenig gibt. Die Abwanderung gehe auf den Mangel an Lastwagenfahrern zurück, der die Löhne in der Branche steigen lasse, sagte Bobby Morton von der Gewerkschaft Unite gegenüber Medienvertretern am Wochenende in Großbritannien. “Die Leute denken sich jetzt, wenn wir weiter unter diesen viktorianischen Bedingungen arbeiten müssen, dann können wir auch für 20 Pfund die Stunde einen Lastwagen fahren, statt für zehn Pfund die Stunde einen Bus“, so Morton.

Droht nach dem Fahrermangel in der Lkw-Branche nun bald auf der Insel ein Fahrermangel in der Busbranche? Der Confederation of Passenger Transport UK zufolge fehlen derzeit rund 4.000 Busfahrer in Großbritannien. Auf manchen Strecken fallen dadurch schoin erste Verbindungen aus. Das Verkehrsministerium erklärte, man habe bereits die Verfahren für Fahrprüfungen und vorläufige Bus-Führerscheine beschleunigt, um dem Trend entgegenzuwirken.

Das größte Problem auf der Insel ist das des Benzins. Dies soll nun mit Fahrern von Militär-Tanklastern behoben werden. Um Treibstoff landesweit an die Tankstellen zu bekommen, wurden Lkw-Fahrer beim Militär in Alarmbereitschaft versetzt. Zuletzt saßen in einigen Landesteilen bis zu 90 Prozent der Tankstellen auf dem Trockenen, wie britischen Medien berichteten. Nach dem Brexit sind viele ausländische Trucker auf das europäische Festland zurückgekehrt. Wegen der neuen Visa-Regelungen können diese nun nicht ohne Weiteres in Großbritannien leben und arbeiten. Außerdem hatten die Coronabeschränkungen zur Folge, dass die Ausbildung bei Lkw- und Busfahrern ins Stocken geriet.

In Deutschland ist die Situation auf dem Fahrermarkt noch nicht so dramatisch – aber es werde auch hierzulande immer schwieriger, Lkw- und auch mitunter Busfahrer zu finden. “Nach unserer Einschätzung, und die wird von der Branche geteilt, fehlen in Deutschland derzeit 60.000 bis 80.000 Lkw-Fahrer”, so Dirk Engelhardt, Chef des Bundesverbands Güterkraftverkehr und Logistik. “Das heißt, wir sind schon fast auf dem gleichen Niveau wie Großbritannien. Und das Problem wird jedes Jahr um 15.000 fehlende Fahrer größer. 30.000 gehen jedes Jahr in Rente und ungefähr 15.000 neue Lizenzen werden verteilt.”

Die britische Regierung stellte temporäre Visa zur Abmilderung der Lage aus, doch die bis Weihnachten beschränkten Arbeitserlaubnisse haben in der Logostikbranche noch für keine Entspannung der Situation gesorgt. Ein Lkw-Fahrer in Deutschland verdiene nach Angaben von Dirk Engelhardt monatlich “durchschnittlich 2400 bis 2600 Euro brutto plus Spesen”. Problematisch sei, so Engelhardt in einem Interview mit NTV, dass Industrie und Handel in Deutschland in den vergangenen Jahr immer stärker auf Transportunternehmen aus dem Ausland zurückgreifen würden. Mittlerweile liege der Anteil “gebietsfremder Lkw” auf deutschen Straßen bei über 40 Prozent. Deren Fahrer verdienen noch viel weniger. “Fahrer aus dem Baltikum bekommen 3 bis 3,50 Euro pro Stunde. Wenn man noch weiter Richtung Osteuropa schaue, rede man über Beträge von knapp über 2 Euro.” Der Chef des Bundesverbands Güterkraftverkehr und Logistik machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass man dem Sozialdumping auf westeuropäischen Straßen, ganz besonders in Deutschland, ein Ende setzen müsse. (DPA/NTV/Tagesschau/Unite/PM/Sr)

 

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