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Mit Snap präsentiert Rinspeed im Jahr 2018 ein Stück automobiler Zukunft. Foto: Rinspeed

Mag kann den Schweizer nachsagen, dass sie eine gewisse Entschleunigung pflegen, wenn sie dann doch aber einmal eine Idee gefunden haben, sorgt diese für Aufsehen. Die Schweizer Ideenschmiede Rinspeed ist immer wieder mit so genannten Concept Cars so etwas wie ein Visionär. Jetzt haben die kreativen Köpfe mit Snap ein durchdachtes und einmaliges Mobilität-Ökosystem vorgestellt. Snap ist ein umfassender Ansatz, wie die Mobile auch sinnvoll immobil nutzbar gemacht werden können – Fahrwerk und Aufbauten gehen eigene Wege. Rinspeed-Boss Frank M. Rinderknecht implementiert die alterungsanfällige Hard- und Software in die nutzungsintensive Fahrplattform – und trennt dieses von der langlebigen Fahrgastzelle. Mit dem genialen Kunstgriff entflechtet der Schweizer Mobilitätsvisionär stark unterschiedliche Lebenszyklen diverser Autokomponenten: Das Skateboard trägt die langlebige Mechanik und die alterungsanfällige IT-Technik und wird nach intensiver Nutzung bei Erreichen der vorgesehenen Laufleistung nach wenigen Jahren recycelt, während der weitaus weniger beanspruchte Pod um viele Jahre länger seinen Dienst tun kann, bevor auch er der Wiederverwertung zugeführt werden muss. Dies nutzt der Umwelt, weil Ressourcen in erheblichem Umfang geschont werden. Und ganz nebenbei lösen die innovativen Schweizer noch ein Problem, das manch einer vom Navigationsgerät im eigenen Auto kennt: Das Ding findet den Weg nicht mehr, weil Software und Kartendaten veraltet sind. Was hier nur ärgerlich ist, kann beim selbstfahrenden Auto in naher Zukunft schnell sicherheitsrelevant werden. Keine Frage, beim Snap ist der Name wirklich Programm, denn alles passt perfekt zusammen und lässt sich per Klick verbinden.

Die Fahrplattform kann unterschiedliche Zellen aufnehmen. Foto: Rinspeed

Sogar für romantische Stunden ist der Snap von Rinspeed einsetzbar… Foto: Rinspeed

Einer bewährten Tradition folgend, wurde auch das vierundzwanzigste Concept Car von Rinspeed wieder bei den Eidgenossen 4erC konstruiert und bei Esoro technisch umgesetzt. Eine umfassende Studie von EY über das Snap-Ökosystem zeigt dessen (fast) unlimitierte Möglichkeiten auf. Das E-Mobil ist – wie immer, wenn Rinderknecht am Werk ist – gespickt mit technischen und optischen Finessen, die ein namhaftes Netzwerk weltweiter Firmen beisteuert. So stammen die beiden gelenkten Achsen samt integriertem E-Antrieb von ZF. Damit kann sich der Snap beinahe auf der Stelle drehen und ist emissionsfrei im Stadtverkehr unterwegs. Er tut dies auf ebenso gewichtsoptimierten wie schicken 7×18 Borbet Leichtmetallrädern, auf denen verbrauchsoptimierte Reifen der Grösse 225/35-18 aufgezogen sind. Übrigens: Alle Verklebungen in und am Snap sind mit innovativen Klebstoffen von Sika Automotive realisiert. Auf Wunsch begleitet sogar ein „Personal Assistant“ in Form eines selbstfahrenden intelligenten Roboters die Insassen. Dieser hilft auch gerne bei Besorgungen, beim Tragen der Einkäufe oder nimmt andere lästige Arbeiten ab. Der Stadtflitzer strotzt vor geballter Sensorik. So steuert das US-Unternehmen Gentex den Iris-Scanner zur Insassenerkennung und dimmbare Scheibenelemente in Front und Heck bei, wie sie auch im Boeing Dreamliner zu finden sind. Ibeo aus Hamburg stellt mit ausgefeilter Lidar-Sensorik sicher, dass Hindernisse auf der Strasse per Echtzeit-Messung der Lichtreflexe erkannt werden. Die ins Skateboard integrierte „Harman Autonomous Drive Platform“ nutzt die Sensorfusionslösung „BlueBox“ von NXP, um den Snap sicher durchs Verkehrsgeschehen zu lenken. Für die sichere Kommunikation mit der Aussenwelt sowie für die Hochgeschwindigkeitsanbindung an die Harman Ignite Cloud Platform sorgt die von NXP und Harman gemeinsam entwickelte Smart Antenna, die über 5G, Car2X, Radioempfang, BT und WiFi die volle Bandbreite an drahtloser Vernetzung abdeckt. Sprint, als führendes amerikanisches Telekommunikationsunternehmen, stellt dazu die stabilen Netzwerke sicher. Der Chipgigant NXP steuert zudem mit der hochsensiblen Pod-Erkennung und der individuellen Smart Access-Lösung weitere zukunftsträchtige Technologien bei. Europas führendes Unternehmen für Geschäftssoftware, SAP, unterstützt die digitalen Ökosysteme mit innovativen Technologien und Software-Lösungen in den Bereichen Smart Cities, Connected Health, Connected Mobility sowie Transportation. Und TomTom liefert HD Kartenmaterial für automatisiertes Fahren und Navigationstechnologien, die vorausschauendes Fahren für den Komfort der Insassen ermöglichen. Die Verbindungstechnologie HDBaseT Automotive des israelischen Start-ups Valens schliesslich ist für die schnelle und sichere Übertragung selbst hochauflösender Multimediasignale zwischen den zahlreichen Fahrzeugkomponenten verantwortlich. Ein innovatives „Market Place“-Net von MHP macht es möglich, die Variantenvielfalt von Pods und Skateboards individualisiert mit verschiedensten Serviceprovidern zu nutzen. Auch nicht alltäglich bei einem Konzeptfahrzeug: Die Daten- und Informationsübertragung wurde unabhängig und neutral vom weltweit agierenden Prüf- und Zertifizierungsspezialisten Dekra getestet und zertifiziert. Und wer spendet bei den zahlreichen Verbrauchern den Strom? Der gelangt über das Schnelllade-Kabel mit Hochvolt-Technologie von Harting aus dem ostwestfälischen Espelkamp ins Fahrzeug. Harman steuert die „True Level 5“-HMI bei, ein perfekt auf die Bedürfnisse wechselnder Passagiere in einem vollautonomen Fahrzeug zugeschnittenes Bedienkonzept. Ziel der Entwicklung: höchstmögliche, automatische Individualisierung bei gleichzeitig optimalem Schutz persönlicher Daten. Die Authentifizierung des Nutzers erfolgt – je nach Grad der gewünschten Personalisierung – in drei Stufen: Per Smart Access öffnet sich das Fahrzeug und individualisiert die Anzeigen, nach Gesichtserkennung ist persönlicher Cloud-Content verfügbar. So kennt der sprachgesteuerte intelligente persönliche Assistent die Vorlieben und Gewohnheiten jedes Passagiers und schlägt beispielsweise das für alle passende Restaurant vor. Sollen darüber hinaus beispielsweise Gesundheitsdaten des Passagiers erfasst und ausgewertet werden, ist eine zusätzliche biometrische Identifizierung erforderlich.

Für die Interaktion stehen jedem Insassen drei Displays zur Verfügung: Über das „Personal Control Panel“ mit interaktivem Drehregler werden individuelle Einstellungen vorgenommen; auf den touchgesteuerten „Hover-Tabs“, die per Schwenkarm in Position gebracht werden, erscheinen persönliche Inhalte und individuelle Benachrichtigungen; zwei grosse zentrale Bildschirme bieten Routeninfos und Filmgenuss. Foto: Rinspeed

Optimalen Stauraum bieten die teilweise sogar mobilen Ablagesysteme – inklusive Cupholdern und induktivem Ladesystem. Auch das tragbare Ablagefach ist eine wirklich clevere Lösung. Foto: Rinspeed

Das Lexicon Surround-Soundsystem mit Ambisonics Escape bietet für alle Anwendungen ein einzigartiges Audioerlebnis. Über sechs Projektionen kommuniziert der Snap visuell mit der Aussenwelt: Zwei nutzen die Front- und Heckscheibe, um vollfarbige Botschaften an andere Verkehrsteilnehmer zu senden wie „Vorfahrt gewährt“ oder „Achtung, Kinder“. Vier Laserprojektionen auf den Seitenscheiben dienen der Kommunikation mit zusteigenden Fahrgästen. Die dazu notwendigen funktionalen Laminate für die Rundumverglasung stammen vom japanischen Hersteller Sekisui. Auch im attraktiv gestalteten Äusseren des Snap, welches eher an Architektur als an Automobildesign erinnert, verbergen sich zahlreiche technische Innovationen. Zum Beispiel vom deutschen Lichtspezialisten Osram Opto Semiconductors, der digitale Kennzeichen sowie die komplette Rundumbeleuchtung installiert – inklusive Innenraum-LEDs, welche mit ultraviolettem Licht Bakterien unschädlich machen und damit die Hygiene verbessern. Front- und Heckpanels sowie Lichtelemente in den Seitenschürzen sind multimedial und -funktional bespielbar und stammen vom US-Unternehmen Techniplas, einem führenden Entwickler und Produzenten hochentwickelter Mobilitätsprodukte. Das sichere Wechseln der Pods gewährleisten spezielle Leichtbaustützen der Schweizer Firma Georg Fischer. Grosse Bedeutung kommt beim selbstfahrenden Auto der Wohlfühl-Ausstattung des Innenraums zu. Hier verlässt sich Rinspeed seit Jahren mit Recht auf die innovativen schwäbischen Textilentwickler bei Strähle+Hess und das niederländische Unternehmen Stahl, den Weltmarktführer für Leder- und Kunststoffoberflächen in automobilen Innenräumen. Funktionalität geht Hand in Hand mit gehobenem Designanspruch. Auf natürlich weichem Leder von dem Automobil-Lederspezialisten Bader machen es sich die Insassen bequem. Optimalen Stauraum bieten die teilweise sogar mobilen Ablagesysteme der Dr. Schneider Unternehmensgruppe – inklusive Cupholdern und induktivem Ladesystem. Auch das tragbare Ablagefach ist eine wirklich clevere Lösung. Überzeugen kann der Oberflächenspezialist Benecke-Hornschuch Surface Group mit zukunftsweisenden, teils transluzenten Materialen für Sitzbereiche und Ablagen sowie am Boden und als Seitenverkleidungen. Mit traditionellem koreanischem Sanggam-Druck für Sitze und Verkleidung setzt der südkoreanische Bezugsstoffhersteller Kolon Akzente im Innenraum. Na denn, zurücklegen und frischen Tee trinken. Auch daran haben die Snap-Konstrukteure gedacht! In mobilen Urban-Farming-Behältern von Kostal wachsen Minze und Erdbeeren für selbstgemachte und gesunde Infusionsgetränke. Snap – selten hat ein Concept Car genauer die Probleme einer gesamten Branche mit den unterschiedlichen Lebenszyklen diverser Autokomponenten beschrieben – und gleich auch eine interessante Lösung offeriert. Vielleicht macht’s ja klick bei manchem, der die neue Kreation des Schweizer Mobilitätsvordenkers Frank M. Rinderknecht auf der CES in Las Vegas und im Frühjahr 2018 – sozusagen im eigenen Vorraum des Eidgenossen – auf dem Genfer Autosalon bestaunt.

Fahrplattform („Skateboard“) Fahrgastzelle („Pod“) sind beim Snap getrennt. Foto: Rinspeed

Der Aufbau kann ganz einfach angehoben und ausgetauscht werden… Foto: Rinspeed

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