“Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir das Foto nicht kommentieren.” Das ist die kurze und klare Antwort bzw. Ansage aus der Presseabteilung Corporate Communications Daimler Buses von Daimler Truck. Kai Wolfer als Sprecher bedankt sich noch formvollendet für die Anfrage, dann ist auch schon Schluss. Erste Entwarnung, denn es gab auch schon Zeiten, da wurde man gebeten, die Fotos vom Erlkönig doch bitte noch nicht zu zeigen! Die Fotos, die omnibus.news auf der IAA Transportation gemacht und heute zeigt, sorgen in der Branche aktuell für Gesprächsstoff. Was verbirgt sich unter dem Blechkleid des teilfolierten langen Überlandbusses von Daimler Buses? Alles ein alter Hut oder doch etwas Spektakuläres? Auf der Media Night am Vorabend der IAA Transportation hatte Till Oberwörder, der die Bussparte bei Daimler Truck verantwortet, auf etwas Spannendes im November bei den eMobility Days von Daimler Buses hingewiesen. Erwartet wird ein BEV-Überland. Der Erlkönig gehört zum Segment der Überlandbusse, er ist als Intouro eindeutig zu erkennen. Auch der Schriftzug am Heck bestätigt dies. Mitunter ein Trick, zum Tarnen und Täuschen bei Erlkönigen gehört es auch, Markennamen, Schrifttypen oder Logos anderer Hersteller anzubringen, um den Betrachter zu verwirren. Markentypisch für Mercedes-Benz ist die Frontmaske mit dem Grill samt Stern und Markenplakette. Der Stern wird von einem Kreis gehalten bzw. gefasst, ein solcher Ring – wenn auch ohne Stern – ziert die Front des Erlkönigs. Die Seitengrafik entspricht der des Intouro, die neue MultiClass von Setra hat bekanntlich einen LowFloor- und LowEntry-Bereich mit klarer Kante als Trennung. Nun ist genau einen Tag nach dem Hinweis von Till Oberwörder auf dem Messegelände (Einfahrt nur mit einer zuvor beantragten Berechtigung (siehe Ablage in der Front des Fahrzeugs)) ein Erlkönig aufgetaucht.
Normalerweise scheut ein Erlkönig das Licht der Öffentlichkeit. Hoch im Norden in menschenleeren Regionen auf zugefrorenen Seen am Polarkreis bekommt man beispielsweise mit etwas Glück einen Erlkönig zu sehen. Auf einer Nutzfahrzeugmesse mit Massen an Menschen erwartet man dieser aber eigentlich nicht und wenn doch, dann will er sich zeigen! Und das dann noch ohne den Werkschutz, der “geheime” Versuchsträger eigentlich doch immer begleitet? Was will uns der teilgetarnte Omnibus sagen? Daimler Buses ist am Ball und entwickelt die benötigten lokal emissionsfreien Omnibusse. Aber das ist keine richtig gute Erklärung, denn einen BEV- oder FCEV-Antrieb scheint der Omnibus nicht zu haben. An Front und Heck sind mit der Tarnfolie wichtige Teile des Fahrzeugs nicht sichtbar. Wenn es eine neue Frontmaske für die erst vor vier Jahren präsentierte neue Intouro-Baureihe geben sollte, dann ist das eindeutig zu früh – weil der neue Intouro mit ABA5 startete, dürfte die Frontmaske auf der Höhe der Zeit sein. Also: Das getarnte Fahrzeug ist noch ein alter Versuchsträger und damit ein Überbleibsel aus der Vorserie, eventuell ist etwas Neues (nicht sichtbar) an Bord…
Ach ja, das Heck ist auch getarnt! Unter der Tarnfolie bzw. ein Blick hinter oder besser unter den Motorraum zeigt ein Auspuffrohr! Das könnte Gerüchte auf der Messe bestätigen, dass Daimler Buses technologieoffen unterwegs ist und auch das Thema Wasserstoff im Blick hat. Viele Hersteller, das wurde auf einem Rundgang über die IAA Transportation 2024 deutlich, investieren im großen Stil in die Wasserstoff-Technologie. Dazu gehören nicht nur die Brennstoffzelle, sondern auch Komponenten für einen Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Auch Daimler Truck hat schon mit einem Fahrzeug-Prototypen der Unimog-Baureihe gezeigt, dass der Wasserstoff-Verbrennungsmotor im Unternehmen vorhanden ist. Lkw und Omnibusse unter dem Dach von Daimler Truck sollen zukünftig mehr denn je gemeinsame Komponenten und damit Synergieeffekte nutzen, doch das ist eindeutig Zukunftsmusik. Weil der teilgetarnte Omnibus aber mehr oder weniger ganz einfach nur abgestellt bzw. geparkt wurde, ist das Fahrzeug kein neuer Erlkönig. Weder unter dem Fahrzeug noch auf dem Dach oder im Fahrgastraum sind Ein-, An- oder Umbauten zu sehen, die auf einen lokal emissionsfreien Antrieb hindeuten. Also ganz klassisch ein Verbrenner, ein alter oder doch schon ein neuer Motor, denn es wird ja weiter Omnibusse mit Stern und Verbrenner geben…
Dazu müsste man die Heckklappe öffnen, was nicht möglich ist. Und der Blick von unten in den Motorraum lässt einen Verbrenner erkennen, mehr nicht. Und im Gepäckraum? Auch da gab es keinen Einblick, verständlich! Vielleicht ist der Aufkleber “Messfahrt” kein Täuschungsmanöver und das Entwicklungs- und Versuchsteam von Daimler Buses hat ganz einfach eine Dienstfahrt von Neu-Ulm nach Hannover gemacht. Bleibt die Frage, was sie dabei gemessen haben? Neben den während der Fahrt gesammelten Daten haben sie sich einfach auf der IAA Transportation umschauen können, was der Wettbewerb so macht. Voller Freude sind sie dann zu ihrem Bus zurückgekehrt und mit dem Geheimnis an Bord wieder nach Neu-Ulm zurückgekehrt. Keiner hat das Geheimnis des Erlkönigs sehen können – wirklich ..? (DaimlerTruck/omnibus.news/Sr)