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Sinosynergy und Allenbus hatben auf der IAA Transportation einen FCEV Reisebus auf Basis eines Marcopolo Audace präsentiert. Foto: Schreiber

Die Wasserstofftanks wurden im Gepäckraum quer zur Fahrrichtung eingebaut. Foto: Schreiber

Im Motorraum wird ein Teil der “spannenden” neuen Technik verbaut. Foto: Schreiber

Augen auf, auf der IAA Transportation steht in Halle 23 ein Reisebus, der für den Antrieb auf eine Brennstoffzelle und Wasserstoff setzt. Sino-Synergy Hydrogen Technology Co., Ltd. (kurz Sinosynergy) aus China betont auf der Messe in Hannover, dass das Fahrzeug der erste FCEV-Reisebus in Europa sei.

Dass die Premiere auf den ersten Blick gar nicht auffällt, liegt an Marcopolo, dem führenden Bushersteller in Südamerika. Weltweit mit Werken vertreten produzieren die Brasilianer – bis auf Chassis und Motoren – auch im Reich der Mitte ihre Reisebusse. Und auch Allenbus ist als Anbieter von Omnibussen in China erst seit 2016 auf dem Markt.

Statt eines konventionellen Chassis der bekannten Lieferanten wie beispielsweise von MAN, Scania oder Volvo ist diesmal kein Verbrenner samt Chassis als Grundlage verwendet worden. Der von Sinosynergy/Allenbus in Hannover immer wieder als “Hydrogen Fuel Cell Journey Coach” bezeichnete Reisebus wird zusammen mit Marcopolo auf Grundlage des Modells Audace 1050, das in China entsteht, produziert.

Sinosynergy liefert die Brennstoffzellentechnologie, einschließlich Membranen und Brennstoffzellenantrieb, und Allenbus hat nach eigenen Angaben in Kooperation mit Feichi Bus (beides chinesische Bushersteller und mit FCEV-Fahrzeugen am Markt) das Chassis des Busses gefertigt. Danfoss steuerte den Antriebsmotor (Synchron-Permanentmagnet), den Batteriespeicher und die Technik für die Energieumwandlung bei.

Weil der Markt der FCEV-Fahrzeuge in Europa politisch gewollt stark wachse und weiter an Bedeutung gewinne, habe man den “Hydrogen Fuel Cell Journey Coach” auch eine Serie speziell für den europäischen Markt in Übereinstimmung mit den EU-Normen entwickelt und hier homologieren lassen.

Was steckt unter dem Blechkleid? omnibus.news hat sich die technischen Details von Sinosynergy in einem Gespräch darlegen lassen: Der Marcopolo Audace mit 12m Länge (lieferbar sind auch 11,9m, 12,3m oder 12,6m) fährt mit einem Radstand von 6.100 bis 6.650 mm sowie einer Breite von 2,5m und Höhe von 3,7m vor.

Der Antriebsmotor hat eine Nennleistung von 143 kw (Spitze 235 kw) und ein Nenndrehmoment von 495 Nm (Spitze 720 Nm). Die Brennstoffzelle von Sinosynergy (Typ G80-001) wird mit vier CATL LiFeO Speicherbatterien (Lithium-Eisen-Bauart) ergänzt. Vier Wasserstofftanks (aktuell noch für 700 bar ausgelegt) im Gepäckraum des Omnibusses halten den Wasserstoff vor.

Als Vorderachse greifen die Chinesen auf ein Fabrikat von ZF (Typ RL82EC) zurück, bei der angetriebenen Hinterachse ist es auch ZF /Typ AV133). Auch das Automatikgetriebe (Typ THP90) stammt von ZF. Die Luftfederung sowie die Bremstechnik mit EBS, ESP, AEB, LDWS stammt von Knorr.

Zusammen mit lokalen Partnern planen Allenbus und Sinosynergy nun, den Reisebus nicht nur auf dem europäischen, sondern auch südostasiatischen und amerikanischen Markt anzubieten. Bis zu 53 Passagiere können mitfahren, die Ausstattung des Fahrgastraumes erfolge individuell nach Kundenwunsch.

Und der Preis? Hier zielten sich die anwesenden Vertreter von Sinosynergy zunächst zurück, erst bei genannten Vergleichspreisen zu FCEV-Linienbussen europäischer Anbieter wurde zögerlich gesagt, dass der Grundpreis zurzeit (die Serien- und damit Massenproduktion habe noch nicht bekommen) unter 500.000 Euro liegen werde, genaue Preise würde man nur in Abhängigkeit der konkreten Fahrzeugausstattung dem Käufer und nach Absprache mit Allenbus nennen.

Die Reichweite gibt Sinosynergy mit bis zu 600 km an, zum Tanken werden fünf Minuten benötigt. Je nach Einsatz seien dann vier bis sieben Flaschen mit Wasserstoff (mit 700 bar) an Bord. Der Gepäckraum ist dann weitgehend mit Technik belegt, es werden aber zwei bis zehn Kubikmeter Stauraum auf jeden Fall verbleiben, wie es in Hannover hieß.

Beim Getriebe setzt man auf das Eaton Viergang-Getriebe, Drehmoment und auch Steigfähigkeit können stark ansteigen. Eine im wahrsten Sinne spannende Kombination! Alternativ zum FCEV-Antrieb ist auch eine batterieelektrische Lösung im Angebot, wie es seitens Sinosynergy in Hannover hieß.

Auch hier fragte omnibus.news nach: Der Marcopolo Audace als BEV soll mit sogenannten Powerbatterien (12 Packs, auch wieder von CATL) mit 423 kWh und mit einer garantierten Reichweite von bis zu 400 Kilometern unter städtischen Bedingungen angeboten werden. Genaue Angaben zu “städtischen Bedingungen” machten die Chinesen nicht, ein Standardized on Road Test (SORT) sei nicht durchgeführt worden.

Cynthia Zhu, Geschäftsführerin von Sinosynergy: „Als Pionier im Bereich der FCEV-Antriebskonzepte setzen wir uns dafür ein, Wasserstofftechnologie weltweit voranzutreiben. Unser Eintritt in den europäischen Markt auf der IAA ist ein wichtiger Meilenstein für uns und erfolgt nach 5.000 Antrieben in Fahrzeugen, die sich im Alltag behauptet haben.”

Sinosynergy erklärt auf Nachfrage, dass die mit den Brennstoffzellen ausgerüsteten Fahrzeuge bisher über 200 Millionen Kilometer zurückgelegt hätten und in mehr als 40 Städten weltweit im Einsatz wären. Das chinesische Unternehmen verspricht für eine Lebensdauer von bis zu 30.000 Stunden beim Einsatz in Nutzfahrzeugen. (Sinosynergy/Marcopolo/omnibus.news/Sr)

Hinter den Gepäckfächern der Vorderachse wird der Wasserstoff in Tanks mitgeführt. Foto: Böhnke

Der Fahrerarbeitsplatz des Marcopolo Audace stammt auch beim Sinosynergy FCEV aus der Großserie der Brasilianer. Foto: Böhnke

Der Fahrgastraum des Marcopolo Audace bleibt durch den FCEB-Antrieb unberührt. Foto: Böhnke

 

 

 

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