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Karsdan und Kolumbus schicken einen selbstfahrenden Elektro-Midibus im norwegischen Stavanger in den regulären Linieneinsatz. Foto: Skundberg

Premiere in Stavanger: Nach Aussagen von Kolumbus und Karsan gibt es in Europa bisher keinen fahrerlosen Elektrobus, der im regulären Stadtverkehr im Einsatz ist. Es gibt langsam fahrende batterielektrische Kleinbusse auf abgesperrten oder leeren Straßen, doch das, was jetzt in Norwegen passiere, sei etwas ganz Besonderes, wie Grethe Skundberg, Projektleiterin beim Mobilitätsunternehmen Kolumbus erklärt. In Spanien wurde im vergangenen Jahr ein selbstfahrender Linienbus der Gefäßgröße 12m in Betrieb genommen, aber der sei, so betonen die Norweger, nicht in den normalen öffentlichen Verkehr integriert gewesen.

Ab April 2022 wird nun in Stavanger ein 8,3m langer Elektro-Midibus von Karsan aus der Atak-Baureihe für zwei Jahre im regulären Stadtverkehr im Einsatz sein. Aktuell würden die erforderlichen Genehmigungen erteilt werden. Parallel sei man dabei, den selbstfahrenden eAtak zu kalibrieren und ihn mit dem Einsatzgebiet vertraut zu machen, wie es von den Projektverantwortlichen aus Norwegen heißt. Kolumbus AS ist dabei als öffentliche Verkehrsverwaltung aktiv, dies beschränkt sich aber nur auf die Planung, Vermarktung und Organisation des öffentlichen Verkehrs. Einen eigenen Fuhrpark besitzt Kolumbus AS nicht, hierfür kommen entsprechende Verkehrsbetriebe zum Einsatz.

„Wir freuen uns sehr über die Gelegenheit, diesen bahnbrechenden Bus zu testen“, sagt Ole Engebret Haugen, Executive Vice President von Vy Buss. Trotz aller Euphorie ist es auch in Norwegen noch nicht möglich, den selbstfahrende Elektro-Midibus ohne eine Begleitperson auf die Straße zu schicken. Langfristig planen die Norweger aber damit, Bus- und Sicherheitsfaher in die Einsatzzentrale zu versetzen. Statt Busse zu fahren werden sie die eingesetzten Busse überwachen.

Beim zweijährigen Test arbeiten das Verkehrsunternehmen Vy und Kolumbus gemeinsam mit Karsan und Adastec und dem norwegischen Start-up Applied Autonomy zusammen. “Wir haben an mehreren Pilotprojekten mit selbstfahrenden Bussen teilgenommen, darunter auch am allerersten, und arbeiten seit 2018 daran, ein Projekt mit einem größeren, selbstfahrenden Bus auf die Beine zu stellen”, sagte Kolumbus-CEO Odd Aksland.

Selbstfahrende Fahrzeuge haben in kurzer Zeit in Norwegen große Fortschritte gemacht, bis jetzt waren es aber nur kleine Fahrzeuge, die u.a. in Trondheim und Kongsberg fahren durften. Der Versuch in Stavanger ist Teil von TrustMe, einem laufenden Forschungsprojekt für selbstfahrende Busse, das vom norwegischen Forschungsrat unterstützt wird. Der autonom nach Level 4 fahrende Midi-Elektrobus der Atak-Baureihe wurde trotz Corona-Pandemie im letzten Jahr pünktlich fertig bzw. auf die Räder gestellt, wie Karsan mitteilt.

Und auch die Vor-Serienfertigung ging wie geplant im letzen Jahr an den Start. Karsan ist der Europas erste Bushersteller, der einen Midi-Elektrobus der 8-Meter-Klasse der Stufe 4 im Angebot hat. Die Türken bauen den Elektrobus samt entsprechender Zusatztechnik, Adastec liefert die nötige Software. So ist beispielsweise zur Erfassung der Umgebungsdaten ein LiDAR-System (Light Detection And Ranging) mit an Bord, was sozusagen eine optische Umgebungsvermessung in 3D ist, wie die zuständigen Karsan-Ingenieure gegenüber omnibus.news erklärten.

“Gelenkt” werd der Bus im übertragenen Sinne durch eine Vielzahl von Lidar-Sensoren und Radarsensoren sowie beispielsweise auch Wärmebildkameras und Ultraschallsensoren. Die verbauten technischen Hilfsfahrer, so die Karsan-Ingenieure weiter, hätten von Natur aus unterschiedliche Wahrnehmungseigenschaften: Von der Spurtreue, dem Sichtfeld, oder Reaktion auf Umgebungsfaktoren würde die KI (künstliche Intelligenz) des an Bord verbauten Hauptrechners alle Daten so verarbeiten, dass der Elektrobus sicher zum Ziel fahren würde.

Die auf Deep Learning basierenden Fahralgorithmen würden zudem vor dem Einsatz durch generierte fotorealistische Simulationselemente der Route trainiert werden, wie Karsan-Ingenieure erklären. HD-Maps wären dabei vollständig in die Simulationsumgebung integriert und würden das hochpräzise Fahren erst möglich machen. Zusätzlich kontrolliere eine optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessung die Fahrt. (Karsan/Kolumbus/PM/Sr)

 

 

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