Gestern gab die EU-Kommission einen Ausblick auf die Abgasnorm Euro VII. Ganze 99 Seiten umfasst das Papier! Aktuell gilt Euro VI bzw. Euro VId-ISC-FCM, diese Norm regelt, wie viele Schadstoffe ein Fahrzeug ausstoßen darf – dafür waren bisher über 800 Seiten notwendig.
Klingt zunächst nach einer Vereinfachung bzw. Reduzierung, ist aber nicht so. Die Vorstellungen, die die EU-Kommission öffentlich gemacht hat, seien technisch ohne Mehrpreis schwer realisierbar, so Fahrzeughersteller unisono. Die neuen Grenzwerte der EU-Kommission sollen voraussichtlich ab 2025 gelten – für neu zugelassene Pkw. Für Nutzfahrzeuge, zu denen auch die Omnibusse gezählt werden, sollen sie ab 2027 gelten.
Die zukünftige Abgasnorm Euro VII sieht erstmals auch gleiche Grenzwerte für Diesel- und Ottomotoren vor. Die gesetzten Ziele sind eine Reduzierung der Stickoxide (NOx) um 35 % im Vergleich zu Euro 6 und eine Reduzierung um 56 % im Vergleich zu Euro VI für Lkw und Omnibusse!
Außerdem wird eine Verringerung der Partikelemissionen in der Größenordnung von 13 % bei Pkw und Lieferwagen und 39 % bei Bussen und Lkw angestrebt. Das kostet, Experten gehen davon aus, dass das pro Nutzfahrzeug einen Preisaufschlag von gut 2.500 bis 3.000 Euro bedeutet. Mit dem Vorschlag aus Brüssel müssen sich als nächstes die Mitgliedstatten und das EU-Parlament befassen.
Nutzfahrzeughersteller und hier insbesondere die Produzenten von Omnibussen müssen nun Millionen in Forschung und Entwicklung stecken – Gelder, die aktuell wegen immer noch rückläufiger Zahlen bei den Neuzulassungen nicht erwirtschaftet werden.
Martin Lundstedt, der die Geschicke der Nutzfahrzeugsparte von Volvo leitet, erklärte, dass man für die geforderten Euro VII-Grenzwerte neue Technik entwickeln müsse. Dafür müsse man substanziell Ingenieur- und Finanzressourcen von der Entwicklung der Elektroantriebe abziehen.
Für den Verband der Automobilhersteller (VDA) äußerte sich zu den neuen Euro VII-Vorgaben die Präsidentin Hildegard Müller gestern wie folgt: „Die Entwicklung und Genehmigung eines entsprechenden Antriebs bei einer Vorlaufzeit von nur einem Jahr nach erwartetem Abschluss der delegierten Rechtsakte ist schlichtweg nicht realisierbar.“
Wo geht die Reise für Omnibusse? Während Stadtbusse bereits elektrifiziert sind und das Geschäft boomt, sind die Segmente Überland und Reise noch nicht umgestellt, erste Hersteller kündigen aber bereits batterieelektrische Überlandbusse an.
Beim Reisebus wird es, nicht zuletzt wegen der nicht vorhandenen Infrastruktur, nach Angaben der Hersteller noch bis zum Ende des Jahrzehnts dauern, bis erste batterieelektrische oder auch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge verfügbar sind.
Geht das nun zwangsläufig doch schneller? Erste Adaptionen und entsprechende Fahrzeuge ließen sich bis Mitte des Jahrzehnts durchaus darstellen, wie ein Bushersteller, der namentlich nicht erwähnt werden wollte, erklärte. Doch mahnend merkte er an, dass das nicht zielführend sein könne.
Kaum hat sich die EU-Kommission vom Verbrenner verabschiedet und eigentlich das Ende der dafür vorgehaltenen Euro-Grenzwerte erreicht, legen die Bürokraten noch einmal richtig nach: Es werde eine Euro VIII-Norm geben. Diese werde die Emissionen von Bremsen und Reifen weiter reduzieren.
Auch dafür gibt es schon Hinweise aus Brüssel: Der Abrieb der Bremsbeläge solle eingesaugt werden. Nur noch sieben Milligramm pro Kilometer sollen Bremsbeläge beim Abrieb freisetzen dürfen, ab 2035 sogar nur noch drei Milligramm pro Kilometer.
Warum die Reduzierung der Emissionen der Bremsen erst 2035 verschärft werden soll, obwohl die Technik dafür jetzt verfügbar ist, erklärten die entsprechenden EU-Kommissare nicht. Sie verwiesen stattdessen darauf, dass der Abrieb der Reifen künftig auch reguliert werden würde.
Noch etwas ist neu: Mit der Einführung der Abgasnorm Euro VII soll es auch die VII+, VIIA und VIIG geben. Mit Euro VII+ sollen Fahrzeuge ausgezeichnet werden, die mindestens zehn Prozent weniger Schadstoffe ausstoßen, als die Euro-VII-Norm vorgibt.
Und VIIA bedeutet, dass sich das Abgasreinigungssystem anpassen lässt, sodass in Umweltzonen der Ausstoß weiter gesenkt werden kann. Wird dann außerhalb alles rausgepustet? VIIG soll Hybridfahrzeuge kennzeichnen, die in Umweltzonen automatisch in den elektrischen Null-Emissions-Modus umschalten.
Damit nicht genug: Die Bürokraten aus Brüssel fordern die Fahrzeughersteller dazu auf, doch bitte weiter in die Technik der Verbrenner zu investieren. Denn außerhalb Europas würde es einen Markt geben, der diese Motoren noch deutlich länger nutzen werde.
Anlässlich der Vorstellung der neuen Vorgaben erklärte der verantwortliche EU-Kommissar Thierry Breton, er sei auf alle Interessen eingegangen und er habe zugleich der Autoindustrie das Leben nicht zu schwer gemacht. Und er zeigte sich optimistisch, dass die EU das Rennen um saubere und bezahlbare Antriebe gewinnen werde. (EU/ECPresscorner/VDA/Volvo/omnibus.news/Sr)