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ÖPNV-Dienstleister verfolgen verschiedene Ansätze, um neue Busfahrer zu finden. Foto: Schreiber

Ein Engpass ist eine schwierige Situation, in der etwas knapp geworden ist. ÖPNV-Dienstleister und private Busunternehmer suchen seit längerer Zeit schon Nachfolger für ihre Busfahrer. Eine neue Studie macht nun eindrucksvoll deutlich, dass dieser Engpass so groß ist wie in keinem anderen Beruf – die Bezeichnung Engpassberuf für Busfahrer soll die Not verdeutlichen.

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Berufsgruppe der Bus- und Straßenbahnfahrer demnach verhältnismäßig den stärksten Anstieg beim Fachkräftemangel. 3594 Stellen konnten nicht mit passend qualifizierten Kandidaten besetzt werden, das waren 89 Prozent mehr als im Vorjahr.

Der erhöhte Personalbedarf ist auf die Mobilitätswende zurückzuführen. Deutschlandweit gibt es aktuell rund 137.314 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die als Bus- und Straßenbahnfahrer arbeiten. Über alle Berufe, die bereits heute eine große Fachkräftelücke aufweisen, werden nach derzeitigem Stand bis zu 4,3 Millionen Beschäftigte innerhalb der nächsten zehn Jahre in Rente gehen.

Das entspricht einem Anteil von 23,7 Prozent. Überdurchschnittlich viele Bus- und Straßenbahnfahrerinnen bzw. Bus- und Straßenbahnfahrer (39,7 Prozent) sind mindestens 55 Jahre alt. Das Problem ist: Es rücken deutlich weniger junge Beschäftigte nach, als ältere in Rente gehen.

Die Lage spitzt sich zu: “Mehr als 54.500 Bus- und Straßenbahnfahrer verlassen in absehbarer Zeit den Arbeitsmarkt”, sagte Jurek Tiedemann, Autor der Studie “Ältere Beschäftigte Am Arbeitsmarkt”. Die Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt noch etwas Interessantes:

Beschäftigte bleiben heute deutlich länger am Arbeitsmarkt aktiv als noch vor zehn Jahren. Während 2013 nur etwa vier von zehn Menschen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren (43,3 Prozent) sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, waren es im Jahr 2023 bereits knapp sechs von zehn (57,1 Prozent).

Vor dem Hintergrund der bestehenden Fachkräftelücke, die durch das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge verschärft wird, ist diese Entwicklung eine gute Nachricht. Dennoch verlassen auch weiterhin viele ältere Beschäftigte vor dem Erreichen des Renteneintrittsalters den Arbeitsmarkt.

Die Mobilitätsbranche wächst und für das Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehrssektor hat der öffentliche Verkehr eine zentrale Bedeutung. Viele ÖPNV-Dienstleister haben über Jahre hinweg wegen politischer Sparvorgaben kaum Nachwuchs einstellen können, vom Spardiktat bei der Elektrobusförderung einmal ganz abgesehen.

Der Personalbedarf bei den Bus- und auch Bahnunternehmen in Deutschland ist ungebrochen hoch, das ergibt die „VDV-Branchenumfrage Personal 2023“ unter 182 Unternehmen des öffentlichen Personen- und des Schienengüterverkehrs. 74,2 % der teilnehmenden VDV-Mitgliedsunternehmen gaben an, dass der Bedarf an Personal im Fahrdienst bis 2030 steigen wird.

Die Branche wird jährlich bis zu 8.000 Fahrpersonale im ÖPNV und SPNV gewinnen müssen, um das altersbedingte Ausscheiden von Fahrpersonalen bei Bus und Bahnkompensieren zu können. Um Interesse an den Verkehrsberufen zu wecken, das Image der Branche zu verbessern und die Verkehrsunternehmen operativ bei der Personalgewinnung zu unterstützen, hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen u.a. das Webportal www.in-dir-steckt-zukunft.de Leben gerufen.

Der Autor der Studie empfiehlt verschiedene Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. Arbeitgeber sollten ältere Menschen bei Stellenausschreibungen gezielter ansprechen. Und sei es sinnvoll, mit einer altersgerechten Arbeitsgestaltung Anreize zu setzen, um Beschäftigte länger in Beschäftigung zu halten – sei es durch einen ergonomischen Arbeitsplatz oder beispielsweise Angebote im Gesundheitsmanagement sowie flexible Arbeitszeiten.

Die Rheinbahn bietet beispielsweise schon einen unbefristeten Arbeitsvertrag, zahlt während der Fahrausbildung das volle Gehalt und übernimmt bei der Busausbildung auch die Kosten für den Führerschein. Die Bundesregierung hat mit dem Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung die Regelungen gelockert, um mehr Nicht-EU-Bürger auf den Arbeitsmarkt zu locken. (Kofa/IW/VDV/Rheinbahn/PM/Sr)

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