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Boji ist in Istanbul im ÖPNV unterwegs und begeistert die Fahrgäste. Foto: Boji Twitter-/Instagram-Account

Wer in istanbul mit dem Bus oder der Bahn und Fähre unterwegs ist, wird über kurz oder lang auf einen Vierbeiner treffen, der täglich in der Metropole am Bosporus die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt. Boji, ein Kangal-Mischling, begeistert nicht nur ÖPNV-Kunden in Istanbul, sondern Fans auf der ganzen Welt. Der umherstreifende Hund hat nämlich einen eigenen Twitter- und Instagram-Account, über den er mit zur Seite geneigtem Kopf auf einem Sitz liegt oder mit Fahrgästen kuschelt.

In weniger als einem Monat hat Boji so mehr als 50.000 Follower erreicht. Der Vierbeiner legt mitunter 30 Kilometer an einem Tag zurück, was die Stadt über einen GPS-Sender ermittelt hat. Boji ist mittlerweile offiziell bei der Stadtverwaltung von Istanbul registriert, wie die grüne Plastikmarke an seinem Ohr verrät. Er gehörte zuvor zu den Tausenden von Straßenhunden, die in Istanbul unterwegs sind. Jetzt erlaubt die Ohrmarke samt Mikrochip es der Stadtverwaltung, den Hund zu verfolgen und auch aufzuspüren, damit er beispielsweise regelmäßig gegen Tollwut geimpft werden kann.

Die vielen Pendler in der 16-Millionen-Stadt, die Boji begegnen, freuen sich, wenn sie ihn entdecken und machen Fotos und Selfies mit ihm. Das hat die Stadtverwaltung dann auf die Idee gebracht, die Social-Media-Accounts für die Akzeptanz des ÖPNVs zu nutzen. Weil der Hund alle Regeln kenne und diese auch einhalte, werbe er indirekt, wirke positiv fauf die Mitmenschen und werbe für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften. Auf einem Foto ist Boji beispielsweise in einer U-Bahn-Station zu sehen, wo er auf einen Zug wartet. “Aus Sicherheitsgründen überquere ich nie die gelbe Linie. Das sollten Sie auch nicht”, rät er in dem Tweet.

Boji wartet, genau wie die anderen Fahrgäste, bis alle ausgestiegen sind, bevor er einsteigt. In den U-Bahn-Zügen hat er sogar seinen Stammplatz, wie die Kundenbetreuung bei der Metro Istanbul bestätigt. Fahrgäste, die Boji kennengelernt haben, berichten von einem zurückhaltenden und wohlerzogenen Hund. Er schaue gerne aus dem Fenster heißt es weiter. Seine meistgenutzte Route ist aktuell die der Straßenbahn T1. Sie fährt entlang der historischen Halbinsel.

Die verantwortlichen Betreuer in der Stadtverwaltung von Istanbul machen sich mittlerweile so ihre Gedanken. Sie vermuten, dass ihn irgendwas herumtreibe. Vielleicht suche er einen Menschen. Auf jeden Fall sei er glücklich, wenn er mit Menschen im Bus, der Bahn oder auf der Fähre unterwegs wäre.

Alles, was „niedlich“ ist, sorgt bei uns bekanntlich für positive Emotionen, seien es nun Hunde, Katzen und Kinder oder gar eine Kombination daraus. Unser Gehirn steht im Augenblick des Betrachtens den chemischen Vorgängen in seinem Inneren machtlos gegenüber. Das Glückshormon Dopamin, das „Kuschelhormon“ Oxytocin und weitere Botenstoffe fluten unser Denkorgan, wie Wissenschaftler nachgewiesen haben. Und das weiß auch die Werbung, die das Prinzip nutzt, um unser wohliges Empfinden mit einem präsentierten Produkt in Verbindung zu bringen.

Influencer, die bislang durch ihre starke Präsenz in den sozialen Medien zu den Lieblingen der Werbebranche aufstiegen, könnten mit Boji jetzt echte Konkurrenz bekommen. Oder hat vielleicht doch die Stadtverwaltung Boji schon für die Attraktivitätssteigerung und Akzeptanz sowie für die Verhaltensregeln bei Nutzung des ÖPNVs unter Vertrag? Passend wäre es, denn was den Deutschen ihr Schäferhund, ist den Türken ihr Kangal… (Boji/PM/Sr)

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