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Über die Zulkunft von Ebusco entscheidet am 6. Mai ein Gericht. Foto: Ebusco

Peter Bijvelds, Gründer, Geschäftsführer und zuletzt Co-Geschäftsführer des niederländischen Elektrobus-Pioniers, ist am 2. September 2024 zurückgetreten. Der Aufsichtsrat hat Christian Schreyer (im Bildvordergrund) zum neuen Chief Executive Officer im Vorstand ernannt. Foto: Ebusco; Montage: omnibus.news

Die negativen Nachrichten bei Ebusco reißen nicht ab: Der finanziell angeschlagene Elektrobus-Hersteller informierte zum Jahresende 2024 über den Abbau von 102 Vollzeitstellen im Bereich Produktion und Lager. Außerdem wurden 95 Elektrobusse in den Auftragsbüchern gestrichen, man habe sich mit den Angestellten und Kunden geeinigt, wie der Leichtbau-Pionier aus den Niederlanden weiter erklärte. Die Entlassungen sollen im ersten Quartal 2025 vollzogen werden, ein entsprechender Sozialplan sei erarbeitet worden, so Ebusco. Die bestellten und jetzt gestrichenen Elektrobusse seien noch nicht Teil der Produktion gewesen.

„Obwohl diese Entscheidung für die betroffenen Mitarbeiter schwierig ist, ist sie ein notwendiger Schritt zur Verbesserung der finanziellen Leistungsfähigkeit von Ebusco. Die Verkleinerung der Eigenproduktion in den Niederlanden ist ein wichtiger Teil unserer Strategie, und diese Maßnahmen zielen darauf ab, das Unternehmen zu verkleinern und die Kernkompetenzen von Ebusco in den Bereichen Vertrieb, Design und Technik zu stärken. Obwohl ursprünglich beabsichtigt war, diese Anpassung über einen längeren Zeitraum zu verteilen, haben wir uns nun entschieden, den Prozess zu beschleunigen und innerhalb eines kürzeren Zeitrahmens Klarheit zu schaffen.“, so der verantwortliche CEO Christian Schreyer.

Damit aber nicht genug: Ebusco verschlankt auch die Organisationsstruktur und streicht auch die Posten in der Chefetage: So werden u.a. der Chief Technology Officer (CTO), der Chief Human Resources Officer (CHRO) und der Chief Commercial Officer (CCO) gestrichen. Die direkten Berichte des CHRO werden an Christian Schreyer als verantwortlichen CEO übertragen. Die Abteilungen Engineering, Sales und After Sales berichten zukünftig an den Chief Operating Officer (COO). Alles vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre, die auch über den neuen Vorstand aus Christian Schreyer, Jan-Piet Valk (ad interim), Peter Bijvelds und Michel van Maanen abstimmen werden.

Ebusco will mit einem Auftragsfertigungsmodell wieder zurück und vom nach wie vor anhaltenden Boom der Elektrobusse in Europa profitieren. Einen Tag nach dem verlorenen Gerichtsverfahren kündigt Ebusco im Vorfeld der außerordentlichen Hauptversammlung am 24. Oktober 2024 an, die Produktion von Elektrobussen einzustellen und sich auf das Entwerfen sowie Konstruieren zu konzentrieren. So könne der Turnaround geschafft werden: Produktion rauf, Kosten runter. Der radikale Einschnitt soll Ebusco vor der drohenden Insolvenz retten. Der angeschlagene Bushersteller will nach eigenen Angaben die Kosten um jährlich 30 Millionen Euro senken.

Und statt nur durchschnittlich, wie bisher 15 Elektrobusse, sollen 40 bis 50 Elektrobusse monatlich Dank des neuen Auftragsfertigungsmodells ausgeliefert werden. Der Elektrobushersteller stand am Abgrund, der Aktienkurs von Ebusco fiel zeitgleich zur außerordentlichen Hauptversammlung am 24. Oktober 2024 von 40 bzw. 33 Cent. Nach der Hauptversammlung schoss die Aktie wieder hoch, am 30. April 2025 stand die Aktie bei 0,22 Euro. Jetzt meldet der niederländische Elektrobuspionier Besorgnis erregende Zahlen:  Aufgrund von Umsatzrückbuchungen auf das Jahr 2023 lag der Erlös 2024 bei nur noch 10,7 Mio. Euro – nach 102,4 Mio. Euro im bereits schwachen Vorjahr. Dagegen stieg der Jahresfehlbetrag von 120,1 auf 200,8 Mio. Euro, das EBITDA von –95,7 auf –132,6 Mio. Euro.

Mit 2,4 Mio. Euro sind liquide Mittel praktisch nicht mehr vorhanden. Und: Ein Produktionsstopp und die Stornierung von Busaufträgen wirkten sich weiter negativ aus. Aufgrund der finanziellen Lage war die Produktion in der zweiten Jahreshälfte 2024 fast zum Erliegen gekommen. Dies führte zu Verspätungen bei den Auslieferungen und auch zu weiteren Stornierungen. 361 Elektrobussen im Jahr 2024 und 55 im Jahr 2025 wurden storniert. Mit nur 157 Neuzulassungen im Jahr 2024 schrumpfte der Marktanteil von Ebusco weiter. Der Auftragsbestand bei Ebusco liegt aktuell bei 581 Elektrobussen (Jahresende 2024). Allerdings sind davon nur 336 fest bestellt (79 Typ 2.2 und 336 Typ 3.0). 168 Typ 2.2 stehen auf Abruf in den Büchern, 77 Ebusco 3.0 als Option vorhanden. Die Krise bei Ebusco zeigte Wirkung: 2024 wurden lediglich 48 Elektrobusse verkauft.

Christian Schreyer, CEO von Ebusco: „2024 war ein extrem herausforderndes Jahr für Ebusco, und 2025 wird weiterhin eine große Herausforderung darstellen. Obwohl wir bereits wichtige Schritte unternommen haben, sind wir uns bewusst, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben und die Liquiditätssituation eine große Herausforderung darstellt. Es ist daher keine Überraschung, dass meine ersten Monate als CEO von Ebusco sehr intensiv waren. Ich bin zu einem kritischen Zeitpunkt zu Ebusco gekommen, inmitten eines massiven und dringenden Turnarounds in operativer und finanzieller Hinsicht.“ Man wolle daher von einem OEM- zu einem OED-Modell umstellen, d.h. Produktionsprozesse wie vor allem die Busmontage werden ausschließlich von externen Auftragsfertigern übernommen.

Was bedeutet das für den Produktionsstandort im niederländischen Deurne? Schreyer ließ dies unbeantwortet, aus den Niederlanden ist zu hören, dass die beiden Standorte von Ebusco zu einem Quartier zusammengelegt werden soll, um so die Kosten zu senken. Das Werk in Venray soll nach Deurne ins Hauptquartier umziehen. Weiterhin deutete Christian Schreyer die Vereinfachung des Ebusco-Portfolios auf Standardbusgrößen und die Konzentration auf europäische Märkte an. Weil die überfälligen Verbindlichkeiten die derzeitige Liquiditätsposition des Unternehmens deutlich übersteigen, besteht die Möglichkeit, dass die Lieferanten jederzeit Konkurs anmelden können. Ein Lieferant hat bereits einen Konkursantrag gestellt, u.a. wegen Nichtbezahlung überfälliger Rechnungen. Mit dem Gerichtstermin am 6. Mai 2025 könnte das Kapitel Ebusco so beendet werden. (Ebusco/PM/Sr)

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