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Mercedes-Benz hat den vollelektrischen Citaro bei Temperaturen von unter minus 15 Grad Celsius am Polarkreis getestet. Zu den Wintertests gehören auch Fahrtests auf glatter Fahrbahn zur Überprüfung von Fahrdynamikregelsystemen und Rekuperation. Foto: Daimler

Im Winter benötigen Elektrofahrzeuge deutlich mehr Energie als im Sommer, nicht nur, um den Innenraum oder die Heck- und Frontscheiben zu heizen. Die defekte Autobatterie ist laut ADAC Ursache Nummer 1 für Pannen im Winter. Das hat mehrere Gründe, wie der ADAC jetzt berichtet: Ein moderner Akku im Auto hält generell nur noch vier bis sechs Jahre. Und weil die Belastung im Winter extrem sei, würden viele Batterien vor allem in der kalten Jahreszeit schlapp machen. Da erinnert man sich an die Schulzeit und die Chemie- und Physikstunden: Kälte verlangsamt elektrochemische Prozesse, die permanent in den Batterien bzw. Akkus ablaufen. Als Folge davon erhöht sich der Innenwiderstand eines Akkus, da die enthaltene Elektrolytflüssigkeit schwerfälliger wird. Bei einem hohen Innenwiderstand kann der Akku wiederum keine großen Mengen des benötigten Stroms liefern und bricht im schlimmsten Fall zusammen. Und da war ja noch etwas: Bei Kälte hält sich eine Batterie zwar besser, gibt aber weniger Leistung ab. Bei Hitze ist sie hingegen leistungsfähiger, altert aber schneller. Mit Blick auf Elektrobusse gibt es ein so genanntes Reichweitenproblem, denn die Laufleistung hängt primär von der Leistung der verbauten Batterien ab. Als Fahrer eines Elektroautos weiß man, dass bei zunehmender Geschwindigkeit die Reichweite überproportional abnimmt. Der Grund ist einfach: Bei höherer Geschwindigkeit wird aufgrund der Reibungsverluste oder des Windwiderstands mehr Energie verbraucht als bei niedrigerer. Bei kalten Temperaturen wird jedoch noch zusätzlich Energie für die Heizung des Innenraums und gegebenenfalls auch für die Batterieheizung benötigt. Für den Fahrer ein Dilemma: Denn fährt man wie gewohnt langsam, um Energie zu sparen, braucht man für eine bestimmte Strecke mehr Zeit – und damit verbraucht auch die Heizung für dieselbe Strecke mehr Energie als bei höherer Geschwindigkeit. Die Folge: Wird geheizt, sinkt – rein prozentual gesehen – die Reichweite bei niedrigeren Geschwindigkeiten deutlich stärker als bei höheren. Allerdings gilt: Je größer die Batteriekapazität eines Elektroautos ist, desto weniger fällt der Reichweitenverlust aufgrund der Heizung ins Gewicht. Einige Hersteller von Elektrobussen haben deshalb noch einen Dieseltank an Bord, um den Fahrgastraum entsprehend heizen zu können. Vor einem Jahr sorgte in diesem Zusammenhang eine Meldung aus Trier für Aufsehen: Schaltete Fahrer im Elektrobus die Heizung ein, ging nicht nur die Reichweite beträchtlich zurück, es sei nach Aussage des kommunalen Verkehrsbetriebes sogar vorgekommen, dass der Elektrobus nicht mehr beschleunigen konnte – und das, obwohl der Akku noch zu 47 Prozent geladen war. Aktuell wird fleißig geforscht, viele Elektrobusse, die mittlerweile auf den Straßen unterwegs sind, sind rollende Versuchsobjekte. In diesem Zusammenhang untersuchten Wissenschaftler des Zentrums für Verkehr und Umwelt (CTE) in den USA, ob nicht vielleicht die Brennstoffzelle dann doch der Batterie überlegen wäre. Hinter der Studie steht mit dem Midwest Hydrogen Center of Excellence (MHCoE), der Cleveland State University (CSU) und der Stark Area Regional Transit Authority (SARTA) geballte Kompetenz. Acht Verkehrsbetriebe lassen sich in die Karten schauen und stellen ihre Elektro- und Brennstoffzellenbusse zur Verfügung. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass die Reichweite, wenn die Temperatur auf 0 bis –5° C sinke, die Reichweite von rein batterieelektrischen Linienbussen um bis zu 37,8 % reduziere. Im Kontrast dazu stehe der Wert bei den Brennstoffzellen-Brüdern, die mit Wasserstoff betriebenwerden: Nur 23,1 % Verlust wurden gemessen. Den Unterschied können die Wissenschaftler einfach erklären: In der kalten Jahreszeit würde ein Batterie-Bus deutlich mehr Energie aus der Batterie ziehen, um zu heizen. Ein Brennstoffzellen-Bus können hier einen systembedingten Vorteil nutzen: Die Abwärme der Brennstoffzelle! Die meisten Hersteller von Elektrobussen bieten neben Elektroheizungen auch Brennstoffheizungen an. Und die werden in der Regel mit Diesel betrieben, so dass sich das nicht auf die Reichweite auswirkt. Aber: Dies führt wieder zu Emissionen, die man ja eigentlich mit einem Elektrobus verhindern will. Hier müsse man in den Augen viele Betreiber Vor- und Nachteile abwiegen. Das derzeit überwiegend erfolgende Heizen mit Diesel wurde als pragmatische Übergangslösung gesehen. Dr. Thoralf Knote vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme: “Die Dieselheizung verbraucht vier Liter und zwar nur im Winter– zugleich sparen wir ganzjährig mit einem Elektrobus aber 40 bis 50 Liter pro 100 Kilometer für den Motor ein.” Erprobt werde zudem, ob nicht auch Bio-Ethanol als Brennstoff eingesetzt werden kann. Einen ganz anderen Ansatz erproben die Schweizer: Hier fahren beispielsweise einige Elektrobusse mit Infrarot-Wärmestrahlern. Diese Technik verbraucht deutlich weniger Strom als Heißluft-Heizungen, weil sie nur die Hautoberfläche der Passagiere, nicht aber den ganzen Innenraum wärmen. Auch Mercedes-Benz geht einen interessanten Weg: Beim Citaro-Elektrobus setzen die Schwaben auf eine Kombination aus Wärmepumpe und künstlicher Intelligenz: Abgestrahlte Körperwärme wird im Elektrobus genutzt, um die Temperatur im Fahrgastraum zu optimieren. (PM/Sr)

 

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