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Der Elektrobus 6282 von Kamaz auf dem UITP Summit 2019 in Stockholm. Foto: omnibus.news

Der russische Nutzfahrzeug-Hersteller Kamaz hat, wie schon länger bekannt und ganz offiziell angekündigt, im östlichen Teil von Moskau eine Produktionsstätte für Elektrobusse eröffnet. Im Stadtteil Sokolniki will Kamaz nun jährlich bis zu 500 Elektrobusse fertigen. Etwa eine Milliarde Rubel (14 Millionen Euro) werden in das Projekt investiert. Auf dem Gelände des Sokolniki-Reparaturwerks für Metrozüge wurde die Fabrik mit rund 3.500 Arbeitsplätzen errichtet. Eine Erweiterung ist auch schon geplant, denn Kamaz will den elektrobusboom nutzen, um die Produktionskapazitäten hochzufahren. Eine weitere Produktionslinie samt Gebäude soll es geben, um zusätzliche Elektrobusse bauen zu können, aktuell sind 250 im gespräch, so dass es dann auf jährlich rund 750 Elektrobusse hinausläuft. Mit dieser Produktionskapazität und den ebenfalls geplanten Hallen für die Wartung sowie Servicearbeiten entsteht so in Moskau eines der größten Elektrobuszentren des Landes. Nachdem erste Prototypen erfolgreich die Fertigung durchlaufen haben, startet ab Mai die Serienproduktion. Vor vier Jahren gab der amtierende Bürgermeister Moskaus, Sergej Sobjanin, die Devise aus, dass bis zum Jahr 2020 sämtliche Linienbusse in Moskau durch Elektrobusse ersetzen werden sollten. Entsprechende Ausschreibung wurden vorbereitet, schon zum Jahresende 2017 sollte die Tauschaktion starten. Einheimische und weltweitagierende Hersteller buhlten um Aufträge, das Rennen haben letztendlich aber mit GAZ und Kamaz einheimische Hersteller gemacht. Auch wenn bis heute nicht alle Linienbusse rein elektrisch fahren, es tut sich was in Moskau: Mosgortrans, das staatliche Verkehrsunternehmen, das einen Großteil des öffentlichen Personennahverkehr in Moskau verantwortet, hatte an die russischen Unternehmen GAZ und Kamez einen ersten Großauftrag von insgesamt 200 Elektrobusse mit entsprechender Ladeinfrastruktur erteilt. Kamaz lieferte die bereits zweite Generation des elektrischen Stadtbusses 6282 in die russische Hauptstadt. 85 Passagiere finden darin Platz haben, vor dem Serienstart der Produktion sei der Elektrobus nach Angaben von Kamaz bereits zwei Jahre lang auf Moskaus Straßen getestet worden. Mit an Bord sind Lithium-Titanat-Batterien, die im laufenden Betrieb über einen Pantographen auf dem Dach nach Angaben von Kamaz in zehn bis 20 Minuten schnellgeladen werden können. Im Depot werden die Elektrobusse dann per Kabel über die Steckdose aufgeladen. Eine Die Reichweite gibt Kamaz nicht preis, die harten Winter dürften der laufleistung entsprechend zusetzen. Mosgotrans hat zwischenzeitlich den ambitionierten Plan von Sergej Sobjanin revidiert, ab 2021 werden keinen neuen Dieselbusse mehr angeschafft, so die Aussage zur Elektromobilität. Im Jahr 2030 soll dann die gesamte Moskauer Busflotte zu hundert Prozent aus Elektrobussen bestehen. Aktuell sind mehrere Hundert Elektrobusse in Moskau im Einsatz, wie Mosgotrans mitteilt. Eine genau Zahl nennen die Russen nicht. Kamaz hat  für den wachsenden Bedarf an Elektrobussen in Moskau eine Produktionsstätte für Elektrobusse errichtet. Die Produktion vor Ort zu haben macht Sinn, denn Mosgotrans hat die Lieferanten von Elektrobussen verpflichtet, eine 15-jährige Verfügbarkeit der gelieferten Elektrobusse zu garantieren. Aus diesem Grund hat Kamaz auch gleich noch ein sogenanntes Innovationscenter in die neue Fabrik integriert, hier sollen die Elektrobusse entsprechend der Rückmeldungen stetig verbessert werden. Die “Kama River Complex of Heavy Duty Truck Production Plants” wurden auf Beschluss des Zentralkomitees der russischen kommunistischen Partei 1969 gegründet. Aber nicht nur ein Werk für die im Volksmund als Kamaz bekannte Lkw-Marke wurde in der Stadt Naberezhnye Chelny am Fluss Kama errichtet, sondern auch gleich Wohnungen für die Arbeiter sowie Geschäfte, Kindergärten und Schulen. So kamen damals zu rund 27.000 Einwohnern jedes Jahr bis 40.000 neue Bürger hinzu. Der Grund dafür ist schnell gefunden: 150.000 Lastwagen und 250.000 Motoren sollten jährlich das Werk verlassen. Heute leben in Naberezhnye Chelny in der russischen Teilrepublik Tatarstan über eine halbe Million Menschen. Damals verließ nach nur zweieinhalb Jahre nach Produktiosbeginn bereits der 50.000ste Kamaz das Werk, ein weiteres Jahr waren 100.000 Fahrzeuge auf die Räder gestellt worden. Im Februar 1981 wurde die erste Werkserweiterung in Betrieb genommen, sechs Jahre später begann Kamaz auch mit dem Bau von Pkw. 1990 wurde Kamaz in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Im April 1993 zerstörte ein Feuer Großteile der Fabrik, die Produktion wurde bis zum Wiederaufbau notdürftig fortgeführt. Anfang der 2000er-Jahre folgten der Omnibus Nefaz-5299 auf Basis der 52er-Baureihe und der Kamaz 4308 für den städtischen Verteilerverkehr. Ab 2005 setzte die Internationalisierung des Unternehmens ein, stand entstand beispielsweise ein Joint Ventures mit ZF und auch Knorr Bremse. 2008 stieg Daimler mit zehn Prozent beim russischen Lkw-Hersteller ein und hält heute 15 Prozent der Anteile. Die Zusammenarbeit mit Daimler führte wenige Monate später zur Lizenzfertigung des Merceds-Benz-Axor-Fahrerhauses für die mittlere Kamaz-Baureihe. Im September 2011 haben Kamaz und Marcopolo SA die Vereinbarung über die Gründung des Joint Ventures zur Herstellung und zum Verkauf von Marcopolo-Bussen geschlossen, zwei Jahre später feierte Kamaz das 10.000ste Buschassis und weitere zwei Jahre später wurde die Produktion von Gasmotoren für Busse und Lastwagen aufgenommen. In Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Drive Electro wurden außerdem Elektrobusse entwickelt. 2016 wurde gemeinsam mit Daimler die Fertigung der gemeinsamen Fahrerkabinen ausgebaut. Im selben Jahr stellte Kamaz auf der Motorshow in Moskau das Konzept eines zwölfsitzigen Stadtbusses mit autonomen Fahrfunktionen vor. Und jetzt ist der Elektrobus serienreif. Spannend, wie die russischen Behörden haben der städtischen Luftverschmutzung den Kampf angesagt haben und politisch angesagt den ÖPNV nun relativ zügig  elektrifizieren. Moskau will seit diesem Jahr nur noch batterieelektrische Fahrzeuge für den Linienbetrieb kaufen. Im Jahr 2030 soll die gesamte Moskauer Busflotte zu hundert Prozent aus Elektrobussen bestehen. (Kamaz/Interfax/PM/Schreiber)

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