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Daimler Truck sieht die H2-Technik im Bereich Reisebusse. Foto: SB-Medien/Baldauf, Montage: omnibus.news

Michael Klein verantwortet den Geschäftsbereich Produktion und auch die Entwicklung. Für die eMobility Days ließ er sich mit der Brennstoffe für den eCitaro REX fotografieren. Foto: Schreiber

Die eMobility-Roadmap von Daimler Buses. Viele Punkte sind schon abgehakt, im Bereich der Fahrzeuggrößen und Brennstoffzelle gibt es noch Kapazitäten… Foto: omnibus.news/Schreiber

Auf dem Weg zum CO2-neutralen Zukunft hat Daimler Truck für sich die strategischen Weichen eindeutig gestellt und verfolgt konsequent eine Doppelstrategie bei der Umstellung seines Portfolios auf CO2-neutrale Technologien: mit Batterie und wasserstoffbasierten Antrieben. Ziel ist es bis zum Jahr 2039 in den globalen Kernmärkten nur noch Neufahrzeuge anzubieten, die im Fahrbetrieb CO2-neutral sind. Auf dem Weg zum vollständig CO2-neutralen Transport auch mit wasserstoffbasierten Antrieben erreicht Daimler Truck nach eigenen Angaben den nächsten Meilenstein:

Seit vergangenem Jahr ist ein Brennstoffzellen-Prototyp Mercedes-Benz GenH2 Truck im intensiven Testeinsatz – sowohl auf der hauseigenen Teststrecke als auch auf öffentlichen Straßen. Daimler Truck nimmt nun einen weiteren Prototypen in Betrieb, um den Einsatz von Flüssigwasserstoff zu erproben. Unterstützung kommt dabei auch von Seiten der Politik: Daniela Schmitt, Wirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz, eröffnete am 27.6. die Woche des des Wasserstoffs Süd (#wdws2022) unter anderem mit einer Probefahrt in Wörth am Rhein.

Daimler Truck plant die Herstellung von Wasserstoff-Lkw mit einer Reichweite von rund 1000 Kilometern, im Busbereich soll das Segment der Reisebusse einen Wasserstoffantrieb bekommen. Dabei solle flüssiger Wasserstoff in die Tanks kommen, der eine höhere Energiedichte habe als gasförmiger Wasserstoff und deshalb größere Reichweiten ermögliche. Erste Lkw-Erprobungsfahrzeuge mit Brennstoffzelle sind bereits unterwegs.

Testflotten mit Wasserstoff-Lkw sollen Mitte des Jahrzehnts auf den Markt kommen. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts soll der Brennstoffzellen-Lkw dann in Serie gehen, wie der Hersteller berichtete. Parallel werde an der Implementierung der Technik für den Omnibusbereich gearbeitet. Beim Übergang vom Verbrennermotor zu neuen Antrieben setzt Daimler Truck auf eine Doppelstrategie von Batterie und Brennstoffzelle. Ende des Jahrzehnts sollen emissionsfreie Nutzfahrzeuge bis zu 60 Prozent der Verkäufe ausmachen, wie es seitens Daimler Truck heißt.

Eine neu installierte prototypische Tankstelle im Entwicklungs- und Versuchszentrum in Wörth ermöglicht die Betankung mit Flüssigwasserstoff. Bei der kürzlich erfolgten Inbetriebnahme feierte Daimler Truck gemeinsam mit Air Liquide die erste erfolgreiche Flüssig-H2 (LH2) Betankung des Lkw. Während des Betankungsvorgangs wird -253 Grad Celsius tiefkalter Flüssigwasserstoff in zwei jeweils seitlich am Fahrgestell montierte 40kg Tanks gefüllt. Durch die besonders gute Isolierung der Fahrzeugtanks kann der Wasserstoff für eine ausreichend lange Zeit ohne aktive Kühlung auf Temperatur gehalten werden.

Bei der Entwicklung wasserstoffbasierter Antriebe bevorzugt Daimler Truck den flüssigen Wasserstoff. Der Energieträger hat in diesem Aggregatzustand im Vergleich zu gasförmigem Wasserstoff eine deutlich höhere Energiedichte bezogen auf das Volumen. Dadurch kann mehr Wasserstoff transportiert werden, was die Reichweite deutlich erhöht und so eine vergleichbare Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs mit der eines konventionellen Diesel-Lkw ermöglicht. Entwicklungsziel des serienreifen GenH2 Truck ist eine Reichweite von bis zu 1.000 Kilometer und mehr.

Damit eignet sich der Lkw für flexible und anspruchsvolle Einsätze vor allem im wichtigen Segment des schweren Fernverkehrs. Im Bereich der Infrastruktur für Wasserstoff-Tankstellen entlang wichtiger Transportachsen in Europa plant Daimler Truck mit den Unternehmen Shell, BP und TotalEnergies zusammenzuarbeiten. Zudem ist Daimler Truck als Gesellschafter an Wasserstofftankstellenbetreiber H2 MOBILITY Deutschland beteiligt.

Darüber hinaus setzen sich Daimler Truck, IVECO, Linde, OMV, Shell, TotalEnergies und die Volvo Group im Rahmen ihrer Interessensgemeinschaft H2Accelerate (H2A) dafür ein, gemeinsam Wasserstoff-Lkw europaweit zum Durchbruch verhelfen. Die hauseigene Bussparte partizipiert dann etwas später von der H2-Technik und den entsprechenden Bauteilen. Der eCitaro von Mercedes-Benz mit Range Extender wurde schon bei der Vorstellung der neuen Elektrobusbaureihe in der ersten eRoadmap angekündigt.

2018 sprach Till Oberwörder, der Daimlers Bussparte unter dem Dach von Daimler Truck verantwortet, davon, dass Daimler eine Innovationsoffensive für Elektromobilität in Städten starte. Gesagt getan, Daimler hatte seinerzeit das in der Firmengeschichte größte Entwicklungsbudget, was hinter vorgehaltener Hand mit einer Größenordnung von 400 bis 600 Mio. Euro genannt wurde, in die Elektrobus-Baureihe gesteckt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, nicht nur unterschiedliche Gefäßgrößen mit batterieelektrischem Antrieb, sondern auch unterschiedliche Ladearten und Betriebsphilosophien können mit dem eCitaro bedient werden.

Nun geht, pandemiebedingt etwas verspätet, der eCitaro REX als sozusagen krönender Abschluss der ersten eRoadmap an den Start. Und weil Daimler Buses seinerzeit alles genau geplant hat, konnte man auch schon vor zwei Jahren den ersten Kunden dafür nennen: Das Verkehrsunternehmen SWEG mit Hauptsitz in Lahr im Schwarzwald wird den ersten eCitaro REX aus der Serienproduktion einsetzen. Ab 2023 stattet Daimler Buses startet die Auslieferung des eCitaro auch mit einer Brennstoffzelle als Range Extender.

Und weil die hauseigenen Brennstoffzellen von Cellcentric noch in der Entwicklung sind und die für die Produktion benötigte Fabrik noch nicht gebaut ist, werden die Module der Brennstoffzelle vorerst noch zugekauft. Für den eCitaro REX hat sich Daimler Buses dafür Toyota als Lieferanten ausgesucht. Und auch Toyota kommunizierte parallel zu den eMobility Days, die Daimler Buses in dieser Woche in Mannheim veranstaltet, eine entsprechende Mitteilung. Beim eCitaro REX wird das Flachmodul vom Typ TFCM2-F-60 verbaut – 60 steht für die Leistung von 60 kW.

Im eCitaro Range Extender werde diese nach Angaben des verantwortlichen Projektleiters bei Daimler Buses, Dr. Manfred Marx, sehr effizient im Bereich des Bestpunkts bei rund 30 kW betrieben. Sie arbeite in einem Spannungsbereich von 400 bis 750 Volt. Erwähnenswert sei die sehr hohe Lebensdauer von rund 40.000 Stunden im Einsatz als Range Extender. Auch im Anschluss stelle sie nicht schlagartig den Betrieb ein. Vielmehr lässt ihr Wirkungsgrad langsam nach und es sei mit einer Alterung der Komponenten zu rechnen.

In der flachen Ausführung kann das Modul neben weiteren Aufbauten auf dem Dach integriert werden. Manfred Marx, zuständiger Projektleiter bei Daimler Buses, erklärte in diesem Zusammenhang, dass der eCitaro REX mit fünf bis sieben 350-Bar-Tanks, die jeweils 5 Kilogramm Wasserstoff fassen können, ausgestattet werden wird. Der batterieelektrische Gelenkbus wird mit sechs bis sieben Tanks bestückt. Mit einem Innenbehälter aus Kunststoff und einer äußeren Ummantelung aus Kohlefasern entsprechen sie dem sogenannten Typ 4, sind sowohl leicht als auch hoch belastbar.

Montiert ist das zirka 240 Kilogramm schwere Brennstoffzellen­modul beim eCitaro REX Solobus auf dem Dach in einer Position kurz nach der Vorderachse. Beim eCitaro REX Gelenkbus ist sie vorn auf dem Dach des Hinterwagens platziert. Die Anordnung quer zur Fahrtrichtung ermöglicht eine einfache Zugänglichkeit zu den Ventilen. Jeder einzelne Behälter verfügt über einen eigenen Druck- und Temperatursensor. Die Tanks erfüllen bereits die Norm UN ECE R 134 u. a. zur Verhütung von Brandgefahren, die erst ab dem Jahr 2024 verbindlich sein wird.

Die Betankung erfolgt durchweg in Fahrtrichtung rechts über der zweiten Achse. Unter optimalen Bedingungen beläuft sich die Betankungszeit im Solobus zum Beispiel auf rund zehn Minuten. Beim eCitaro Range Extender kommen High-Performance-Batterien der neuesten Generation zum Einsatz. Diese Lithium-Ionen Batterien des Typs NMC 3 (NMC = Nickel-Mangan-Cobalt) werden im eCitaro ab Ende des Jahres 2022 eingeführt und verfügen über einen sehr hohen Energieinhalt und sind sehr langlebig, pünktlich zum eCiatro REX-Start in 2023 stehen sie dann auch in diesem Modell zur Verfügung.

Ähnlich wie die Wasserstofftanks sind auch die Batterien skalierbar. Beim Solobus finden wahlweise zwei oder drei Batteriepakete mit zusammen 196 oder 294 kWh Kapazität Verwendung. Beim Gelenk­bus sind es wahlweise drei oder vier Batteriepakete mit maximal 392 kWh Energiekapazität. Bereits diese Batterie­bestückungen sichern eine beachtliche Reichweite, wie Daimler Buses anlässlich der eMobilty Days 2022 versprach.

Aufgrund der Brennstoffzelle als Range Extender ist eine Zwischen­ladung der Batterien auf der Strecke nicht notwendig und auch nicht vorgesehen. Die Aufladung erfolgt durchweg per Stecker im Depot mit einer maximalen Ladeleistung von 150 kW. Wie vom eCitaro gewohnt, stehen drei Steckerpositionen zur Wahl, links und rechts oberhalb der Vorderachse und am Heck. Für eine flexible Positionierung auf dem Betriebshof oder in der Fahrzeughalle sind pro Fahrzeug bis zu zwei Steckerpositionen möglich.

Je nach Bestückung mit Batterien und Wasserstofftanks wird der eCitaro als Solobus ohne Zwischenladung oder zwischenzeitliches Auftanken eine Reichweite von rund 400 Kilometern bei durch­schnittlichen Anforderungen erreichen, so die Aussage von Till Oberwörder auf den eMobility Days. Beim Gelenkbus soll sich die Reichweite auf rund 350 Kilometer belaufen. Diese Werte würden die Wünsche vieler Verkehrsbetriebe abdecken, wie es seitens Daimler Bus hieß.

Für die stehen im Zusammenhang mit Elektromobilität aber auch die Sitzplätze und die Fahrgastkapazität im Fokus: Den zweitürigen Solobus mit zwei Batteriepaketen und sechs Wasser­stofftanks kalkuliert Daimler Buses auf etwa 88 Fahrgastplätze. Bei einem dreitürigen Gelenkbus mit einer angetriebenen Achse, drei Batteriepaketen und sieben Wasserstofftanks wird sich die Zahl auf rund 128 Fahrgastplätze belaufen.

Spannend, im wahrsten Sinne. Auch die zweite eRoadmap ist durchdacht und die Aussage, ab 2030 nur noch Elektro-Stadtbusse zu verkaufen, lockte dann auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing nach Mannheim: „Um unsere Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen, brauchen wir CO2-neutrale Technologien im Verkehr“, so Wissing. Dem ersten Förderprogramm im Rahmen der „Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personenverkehr“ solle nun ein zweites Förderprogramm noch in diesem Jahr folgen, wie der Bundesverkehrsminister in Mannheim in seiner Rede ankündigte. Bis 2030 soll nach Vorgabe von Dr. Volker Wissing jeder zweite Stadtbus elektrisch fahren.

Auf dem Weg zur weltweiten Elektrifizierung der Personenbeförderung plant Daimler Buses ab 2025 den ersten vollelektrischen Überlandbus auf den Markt zu bringen und ab Ende dieses Jahrzehnts Reisebusse mit wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb. Dabei setzt Daimler Buses analog der Doppelstrategie des Mutterkonzerns Daimler Truck sowohl auf batterieelektrische als auch auf wasserstoffbasierte Technologien – denn nur so können maßgeschneiderte Zero-Emission-Lösungen für die vielfältigen Bedürfnisse der Kunden angeboten werden.

Till Oberwörder: „Als weltweit führender Bushersteller ist unsere Ambition eindeutig: Wir wollen einen Beitrag leisten, den Klimawandel zu bekämpfen und Treiber der hierfür nötigen Verkehrswende sein. Dafür verfolgen wir eine klare Elektrifizierungs-Strategie und bringen Busse mit alternativen Antriebstechnologien in Serie auf die Straße.” Daimlers Chef der Busse machte deutlich, dass sich das ganze Team voll auf den emissionsfreien und komplett elektrisch angetriebenen eCitaro für den Stadtbusbereich konzentriere.

Und: Man werde nicht mehr in Euro VII investieren. Auch für das Segment der Überland- und Reisebusse habe man konkrete Vorstellungen. Noch etwas ist neu: Bei Daimler Buses betrachtet man das Thema Elektrifizierung gesamtheitlich. Und das reicht weit über das Fahrzeug hinaus. Neben den lokalen und Bedürfnissen des Betreibers konfigurierten Elektrobussen plant das Daimler Bus-Team die nötige Infrastruktur sowie das Lademanagement, steuert den Umbau des Betriebshofs und schult noch das Personal.

Auch die zweite eRoadmap scheint, wie die erste, sehr gut strukturiert. Mit diesem klaren Fahrplan und der Doppelstrategie auf Basis von Batterie und Wasserstoff dürfte Daimler Buses mit seinem Gesamtsystem Elektromobilität seinem führenden Anspruch in diesem Bereich weiter gerecht werden. Es bleibt spannend, versprochen! (DaimlerBuses/omnibus.news/Sr)

 

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