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Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, Martin Daum, Vorstandsvorsitzender der Daimler Truck AG läuten während des Börsengangs des Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck die Börsenglocke. Foto: Daimler

Im Zusammenhang mit dem erfolgreichen Börsengang von Daimler Truck sind Stimmen laut geworden, dass der Einfluss der Volksrepublik auf das Aushängeschild der deutschen Autoindustrie erheblich wachse. Der langjährige Daimler-Aktionär und Partner in China, die Beijing Automotive Group Co Ltd (BAIC), hat bekanntgegeben, dass man seit dem Jahr 2019 mittlerweile einen Stimmrechtsanteil an Daimler in Höhe von 9,98 Prozent halte.

Mit der höheren Beteiligung zog die BAIC nach bisher bekannten Zahlen am Gründer des Autokonzerns Geely, Li Shufu, vorbei. Dieser hielt laut Daimler zuletzt 9,7 Prozent der Aktien. In Summe bedeutet das, dass sich der Dax-Konzern zu fast 20 Prozent in der Hand von zwei chinesischen Großaktionären befindet.

Die jetzige Meldung sei aus Gründen der Transparenz nach der Abspaltung der Nutzfahrzeugsparte Daimler Truck erfolgt, wie es seitens Daimler aus Stuttgart heißt. An Daimler Truck halte BAIC nun automatisch 6,5 Prozent. Jeder Daimler-Aktionär bekam im Rahmen der Aufspaltung zusätzlich zu seinen bisherigen Anteilsscheinen neue Aktien der Daimler Truck Holding AG hinzu. Die Zuteilung erfolgt im Verhältnis 2:1. 

Die Sorge, die Analysten sehen, ist die des – ganz platt formuliert – Ideenklaus. Wenn der Aktionär und in diesem Fall der chinesische Staat höflich aber bestimmt darauf drängt, die örtliche Wertschöpfungsanteil zu steigern, dann bedeutet das, dass chinesische Hersteller vor Ort künftig als Zulieferer fungieren sollen, um so weniger zu importieren.

Es werden also vermehrt einheimischen Firmen dazu angelernt, hochwertige Teile herzustellen. Ob mit der sogenannten Lokalisierung auch Abstriche bei der Qualität gemacht werden müssen, wird sich zeigen. Marktbeobachter und Analysten sind sich unisono einig, dass Daimler sich auf dem chinesischen Markt stärker aufstellen müsse, denn hier würden zukünftig die Geschäfte und Absatzzahlen geschrieben werden.

Es geht um das Geschäft, und wenn es dann um einen Volumenmarkt geht, dann lehnen Aktionäre das vor dem Hintergrund wachsender und positiver Geschäftszahlen nicht ab. Die Aktionärinnen und Aktionäre der damals noch “alten” Daimler AG mit Pkw und Nutzfahrzeugen haben auf der virtuellen außerordentlichen Hauptversammlung am 1. Oktober 2021 mit überragender Mehrheit eine historische Neuausrichtung des Unternehmens beschlossen.

Doch was bedeutet das für die zukunft des Stuttgarter Traditionskonzerns, wenn jetzt fast 20 Prozent vom chinesischen Staat gehalten werden, kann es zu einer kompletten Machtübernahme kommen? Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete berichtete schon vor einem Jahr, dass BAIC seine Anteile an Daimler auf zehn Prozent aufstocken wolle.

Das Ziel ist klar: Wenn es gelingt, dann wird Geely als größten Aktionär abgelöst und man ist mit einen Sitz im Aufsichtsrat von Daimler vertreten. Dieses erste Ziel hat BAIC nun erreicht. Der wachsende Einfluss des staatlich kontrollierten Fahrzeugherstellers auf ein innovatives Unternehmen wie Daimler darf man skeptisch sehen, denn spätestens jetzt hat BAIC erste Einblicke in das, was man bei Daimler für die Zukunft geplant hat.

Und noch etwas geben die Analysten zu bedenken: Was ist, wenn BAIC und Geely entgegen ihren Aussagen, keine gemeinsamen Pläne zu verfolgen, es doch tun? Wenn die Chinesen bei Daimler ihren Einfluss erweitern und sogar eine Sperrminorität anstreben, die schon mit  20 Prozent in greifbarer Nähe ist, dann ist eine MAchtübernahme denkbar.

Das Handelsblatt zitierte in diesem Zusammenhang einen hochrangigen Daimler-Manager mit der Aussage, dieses Szenario sei “einfach Quatsch”.Noch scheint es so, als seien die chinesischen Aktionäre noch nur am Know-How und geschäftlichen Allianzen interessiert. Daimler und BIAC betonen, dass das Miteinander ein hervorragendes Beispiel für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit sei, die wesentliche Beiträge zur bilateralen Industriekooperation, technologischen Innovation sowie zu wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen leiste.

Daimler wiederum kommuniziert in einer Pressemitteilung, dass die Partnerschaft von Daimler und BAIC seit nahezu zwei Jahrzehnten ein Vorbild für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit sei. BAIC wäre der wichtigste industrielle Partner von Mercedes-Benz in China. Gemeinsam hätten beide Unternehmen einen wesentlichen Beitrag zur Geschäftsentwicklung (Anm.: der Pkw-Sparte) von Mercedes-Benz in China geleistet.

Der Aktie der Daimler Truck ist zum Börsenstart mit 28 Euro bewertet worden, die Marke der Lkw und Omnibusse mit Stern ist damit insgesamt rund 23 Milliarden Euro wert. Das Unternehmen selbst bezeichnete den Gang aufs Parkett als Meilenstein und Beginn einer neuen Ära. Der nun eigenständige Lkw- und Bushersteller strebt an, dass die Aktie zum nächstmöglichen Termin an der Frankfurter Börse in den auf 40 Mitglieder erweiterten Börsenindex Dax aufgenommen wird.

Wenn das gelingt, dann sind die Lkw und Omnibusse mit Stern zukünftig Teil des Marktbarometers oder auch des Leit-Indexes, anhand dessen Kursentwicklung die Finanzexperten auf die Entwicklung der gesamten Wirtschaft schließen. Das wiederum dürfte zusammen mit dem wachsenden Einfluss der Chinesen an Daimler die Marktposition in China – und damit auch den Absatz – stärken. (BIAC/Daimler/Handesblatt/Reuters/Tagesschau/PM/Sr)

 

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