Was macht der Bundesverkehrsminister auf der IAA Transportation? Er informiert sich über Branchentrends. Aktuell ist es die Elektromobilität, die die Branche bewegt. Und die Clean Vehicle Directive (CVD) der Europäischen Union (EU). Die von der EU gesetzten Grenzwerte lassen sich nur mit lokal emissionsfreien Fahrzeugen realisieren, da sind sich alle Beteiligten einig. Und davon gibt in Hannover auf der Messe sehr viele – nicht nur von deutschen Herstellern, wie in dem Beitrag über Omnibusse aus China auf omnibus.news zu lesen war. Bundesverkehrsminister Volker Wissing forderte anlässlich seines Besuches auf der IAA Transportation 2024 von der EU eine Überprüfung der CO2-Flottenziele für die Auto- und Nutzfahrzeugindustrie. „Europa verliert an Glaubwürdigkeit, weil es Ziele vorgibt, die es selbst nicht erreichen kann“, sagte der Politiker in seiner Eröffnungsrede.
Wissing machte keinen Hehl daraus, dass die Rufe aus der Branche bei ihm angekommen wären, er unterstütze daher die Forderung der Branche, die Überprüfung der CO2-Ziele auf 2025 vorzuziehen. Die Branchenvertreter im Saal quittierten das Gesagte mit Applaus. „Ich bin durchaus der Meinung, dass Vorgaben nötig sind“, betonte Wissing, „aber sie müssen in der Praxis auch tatsächlich umsetzbar sein. Alles andere schwächt die Industrie, ohne dass damit etwas für das Klima gewonnen wäre.“ Wissing warnte davor, nur auf rein batterieelektrische Fahrzeuge zu setzen. „Ich bin überzeugt, dass wir in Zukunft am besten unterwegs sind, wenn wir uns mit einem Mix aus unterschiedlichen Antrieben bedienen können“, unterstrich er. Auch Wasserstoff werde hier eine Rolle spielen. Es brauche einen „technologieoffenen Ansatz“.
Hildegard Müller, VDA-Präsidentin: „Die erforderlichen Rahmenbedingungen werden nicht mit der notwendigen Entschlossenheit angegangen. Wir fordern die EU-Kommission daher auf, die für 2026 und 2027 geplanten Reviews jeweils ein Jahr vorzuziehen.“ Nur dann gebe es Klarheit, wo nachgebessert werden müsse. Erreichen lassen sich die strengeren Grenzwerte nach Einschätzung der Branche nur mit mehr Elektrofahrzeugen, die den Schnitt drücken. Die VDA-Präsidentin kritisierte die schlechten Rahmenbedingungen für die deutsche Industrie. „Die Situation ist ernst: Der Standort Deutschland fällt international massiv zurück“, sagte Hildegard Müller. Ohne ein entschlossenes Gegenlenken werde sie zur bitteren Realität. Vor allem bei Bürokratieabbau und Deregulierung müsse endlich etwas passieren. „Das Thema darf nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden“, so Müller. „Das Konzept der überbordenden Regulierung ist gescheitert.“
Müller forderte in Richtung Politik: „Es braucht jetzt eine strategische, ineinandergreifende industriepolitische Agenda, um die Klimaziele zu erreichen. Das heißt: Ein durchdachtes Projektmanagement, das Zielerreichung ermöglicht. Deswegen hat der VDA auch das Vorziehen der Review-Prozesse (für schwere Nfz (HDV) auf 2026) gefordert. Fakt ist: Der Ausbau der Lade- und H2-Tankinfrastruktur, verbunden mit einem beschleunigten vorlauslaufenden Netzausbau, muss forciert und schnellstmöglich flächendeckend umgesetzt werden.“ Es gebe Nachholbedarf bei der Infrastruktur, so Müller. Das gelte sowohl für den Aufbau von Wasserstofftankstellen als auch für den Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur: „Der Aufbau von Ladepunkten für Nutzfahrzeuge scheitert viel zu oft an den Stromnetzkapazitäten. Spediteure wollen umrüsten, wollen den Wandel und werden dann mit der Realität konfrontiert: Der lokale Netzbetreiber meldet zu oft mehrere Jahre Wartezeit, bis man die notwendigen Kapazitäten bereitstellen könne. Das hier etwas falsch läuft, ist unstrittig und offensichtlich – entschlossenes Gegensteuern also zwingend notwendig.“ (VDA/omnibus.news/Sr)