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Die Elektrobusse von BYD, die Keolis in den Niederlanden einsetzt, bereiten Probleme. Foto: Keolis

Probleme über Probleme mit einer der größten Elektrobusflotten von BYD in Europa: Keolis wolle „zum zweiten Mal alle 246 Elektrobusse von BYD überprüfen und Probleme lösen“, wie in verschiedenen niederländischen Medien zu lesen ist. Und es sind nicht Kleinigkeiten, die die Busfahrer bemängeln: Defekte Heizungen und schief montierte Fahrersitze seien inakzeptabel, außerdem würde es in den Fahrerkabinen ziehen und Lenkräder würden vibrieren, Probleme mit der Spureinstellung kämen noch hinzu. zuvor gab es schon erste massive Probleme mit den neuen Elektrobussen von BYD, weil diese in den ersten Monaten spontan stehenblieben.

Seit der Inbetriebnahme Ende 2020 mussten mehrere hundert Fahrten wegen technischer Probleme ausfallen. Es gebe immer wieder Fahrzeuge, die auf dem Hof stehen, so Keolis, doch in diesem Fall sei die menge überproportional groß. Viele Busfahrer würden unter Nacken- und Rückenbeschwerden leiden, andere mittlerweile unter den vielen technischen Problemen mit den Elektrobussen. Die Gewerkschaften der Busfahrer haben nun, nachdem sie sich an zunächst auch schon an Keolis gewandt hatten, die Provinzialräte von Overijssel, Gelderland und Flevoland informiert. Diese Provinzen sind die Auftraggeber für den Busverkehr in IJssel-Vecht. In dem Brief fordern die Gewerkschaften die Verantwortlichen auf, sich für die Fahrer einzusetzen. 

Mit einem Paukenschlag wurden im Dezember 2020 alle Dieselbusse gegen Elektrobusse von BYD getauscht, um auf Strecken in der gesamten niederländischen Region IJssel-Vecht, einschließlich des Linienverkehrs in den Gemeinden von Zwolle , Apeldoorn und Lelystad, rein elektrisch fahren zu können. Nicht nur das sorgte seinerzeit für Aufsehen, sondern auch folgende Berichte über “frauduleuze sideletters” im Zusammenhang mit dem Kauf der Elektrobusse.

Schon bei Bekanntwerden der Auftragsvergabe an BYD wurden schnell kritische Stimmen laut: Politik und heimische Hersteller mahnten an, dass man doch lieber national handeln solle. Ein offener Brief von Wim van der Leegte, Eigentümer der VDL Groep und Besitzer von VDL Bus & Coach, hinterfragte damals u.a. auch die Verantwortung der Verkehrsbetriebe, die die Elektrobusse in China bestellt hätten. Wir befürworten weltweit möglichst wenige Handelshemmnisse, aber auch gleiche Wettbewerbsbedingungen, wie Wim van der Leegte in seinem Brief treffend anmerkte.

Abgesehen von Skaleneffekten, günstigeren Löhnen und häufig angewandter staatlicher Unterstützung ist es für chinesische Unternehmen auch einfacher, nach Europa zu exportieren, anstatt den umgekehrten Weg einzuschlagen. Chinesen zahlen für ihre Produkte in Europa kaum Einfuhrzölle, während Europa mit starken Einfuhrzöllen konfrontiert ist. Das hat (s)einen Preis, wie man jetzt in den Niederlanden gemerkt hat. Mit Keolis hatten sich die Verantwortlichen einen (über eine niederländische Tochter) ausländischen Konzessionsanbieter ins Boot geholt, der die Erwartungen an eine rein elektrische Mobilität übertraf.

Keolis Nederland BV, der niederländischen Tochtergesellschaft des globalen ÖPNV-Anbieters Keolis, hatte den Großauftrag für 259 Elektrobusse für den Einsatz im neuen Konzessionsgebiet „IJssel-Vecht“ erhalten, weil das abgegebene Angebot äußerst lukrativ war. Die Konzession im Wert von 900 Millionen Euro für die niederländischen Provinzen Overijssel, Gelderland, Flevoland sowie die Gemeinden Zwolle, Apeldoorn und Lelystad gilt ab dem 13. Dezember 2020 für zehn Jahre.

Sie beinhaltet neben dem Betrieb auch die Wartung der Elektrobusse sowie die Ladeinfrastruktur. Stets kritisch beäugt wurden derartige Großaufträge in den Niederlanden immer schon von Journalisten mit investigativem Anspruch. Und Journalisten von “Follow the money” haben jetzt in diesem Zusammenhang aufgedeckt, dass es im Rahmen des Großauftrags geheime Absprachen und Vereinbarungen gegeben habe, die in geheimen schriftlichen Verträgen dokumentiert wurden. Nicht nur der Kaufpreis war seinerzeit entscheidend bei der Vergabe, auch die termingerechte Lieferung.

Und genau die war durch geheime Absprachen und Papiere auch ins Zwielicht geraten, wie die Journalisten von “Follow the money” herausgefunden und öffentlich gemacht haben. So habe Keolis in einem geheimen Papier beispielsweise zugesichert, dass es keine Konventionalstrafen oder Klagen geben würde, wenn die Lieferbedingungen der bestellten Elektrobusse nicht einhalten werden könnten. Aber genau das war seinerzeit das Aus bei einer möglichen Vergabe des Auftrags an VDL.

Nach Bekanntwerden gab es seitens Keolis kein Dementi, der ÖPNV-Dienstleister zog gleich erste Konsequenzen: Ein Verantwortlicher, dessen Unterschrift eines dieser Papiere ziert, wurde – ebenso wie ein Flottenmanager – umgehend suspendiert. Auf der Website teilt Keolis mit, dass man sich von unethischem Verhalten distanziere und geeignete Maßnahmen ergreife. Und auch bei den Problemen mit den Elektrobussen von BYD handelt Keolis sofort, doch kaum sind die Probleme behoben, treten gleich neue wieder auf, wie die Busfahrer gegenüber niederländischen Medien erklären.

Die Busfahrer machen auch über ihre Gewerkschaft Druck, die wiederum hat sich mit Keolis ins Vernehmen gesetzt. Mittlerweile hätte einige Busfahrer sogar Angst, sich in den Bus zu setzen und zu fahren, weil sie nicht wüssten, welche Prbleme und Gefahren auf sich zukommen können. Keolis hat die Gefahr und die Probleme erkannt, gesteht aber ein, dass das wegen der vielen Probleme nicht von heute auf morgen zu lösen ist, auch wenn man die gerne sofort alles machen würde.

Mittlerweile ist auch BYD mit an Bord: Der chinesische Hersteller hat zugesichert, alle Elektrobusse zu überprüfen. Noch in diesem Monat sollen erste Fahrzeuge wieder an Keolis gehen, die dann von allen Beteiligten inspiziert werden sollen. Wenn die Mängelbeseitigung Zuspruch findet, sollen alle anderen Elektrobusse im Fuhrpark in gleicher Art und Weise kontrolliert und nachgebessert werden. BYD hat in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass die Probleme mit den ausgelieferten Elektrobussen auch in der eigenen Organisation zu Veränderungen geführt habe.

In der Branche sorgte auch die pünktliche Lieferung seinerzeit für Aufsehen: Trotz der Pandemie konnte BYD alle bestellten Elektrobusse fristgerecht ausliefern. Das sei nach Aussagen von BYD möglich gewesen, weil man effiziente Produktionsprozesse in verschiedenen Werken, unter anderem in der BYD-Fabrik in Ungarn, nutzen konnte. Keolis hat BYD zur Rechenschaft gezogen. Der Vorstandsvorsitzende Alex Rentier forderte den chinesischen Bushersteller auf, “die Probleme mit den Bussen jetzt wirklich zu lösen”, schrieb er in einem internen Memo an seine Mitarbeiter. Und BYD habe dies nun “schwarz auf weiß versprochen”. (BYD/DeStentor/FNV/Keolis/OVMagazine/PVMagazine/RTVOost/PM/Sr)

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