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Tom Terjesen (re.) mit dem Team vor Abfahrt zur polnisch-ukrainischen Grenze. Foto: Terjesen

Voll beladen mit Hilfsgütern machte sich der Reisebus auf, zurück geht es dann mit den Geflüchteten ab Montag in Richtung Norwegen. Foto: Terjesen

Arendal ist eine Stadt und Kommune im südöstlichen Teil Norwegens und rund 256 km südwestlich von Oslo an der Nordseeküste gelegen. Ganz im Norden des Landes liegt die Staatsgrenze zwischen Norwegen und Russland. Auch wenn diese relativ weit weg und klein bzw. kurz ist, die Norweger haben natürlich auch den Angriffskrieg von Putin verfolgt und wollen den Flüchtlingen helfen.

Wie machen das die Norweger? Mit Tom Terjesen, dem Gründer und Herausgeber des norwegischen Busmagazins namens Bussmagasinet und Vorsitzende der Internationalen Bus & Coach of the Year-Jury. Der wohnt in Arendal und ist mit einem Reisebus mit weiteren Helfern und voll beladen mit Hilfsgütern an die Grenze der Ukraine gefahren.

Wie so viele Busunternehmer, die das aktuell ehrenamtlich machen, ist auch Tom Terjesen unentgeltlich als Fahrer und helfende Kraft auf der Fahrt mit dabei. Die wichtige Arbeit, die viele Unternehmen und Freiwilligenorganisationen jetzt leisten, werde in den Medien zu schlecht dargestellt, so der Norweger. Behörden würden mitunter die Helfende mit der Bürokratie entmutigten.

Aber, so Tom Terjesen gegenüber omnibus.news, es sei wichtig, Menschen zu helfen, es sollte immer vor Gesetzen und Vorschriften stehen. Mit Blick auf die, die unverschuldet vor dem Angriffskrieg von Wladimir Putin fliehen, merkt Tom Terjesen an, dass die meisten Menschen, die jetzt in Norwegen aufgenommen werden würden, in die Ukraine zurückkehren werden, wenn Frieden im Land herrsche.

Mit an Bord des norwegischen Reisebusses ist auch der Zahnarzt Ivan Vakulenko, wie Tom Terjesen berichtet. Er arbeitet täglich als Zahnarzt in Oslo, hat sich aber jetzt freiwillig gemeldet. Seine Aufgabe ist es, Namenslisten zu organisieren und Kontakt zu Flüchtlingen zu halten, die nach Norwegen kommen wollen. Im Bus ist er ständig am Telefon, um das Ziel und die Flüchtenden, die dann mit nach Norwegen fahren, vor Ort zu finden.

Bedrückend sei, so Tom Terjesen, dass die Zahl der Plätze im Bus begrenzt sei. Jetzt jemanden zurückzulassen ist schwierig, eine Herausforderung für die Emotionen und das Mentale, erklärt der Norweger. Im Bus fahren auch zwei Rettungssanitäterinnen mit, sie haben sich von der Arbeit beurlauben lassen, um im Bedarfsfall helfen zu können.

Die Fährgesellschaften Color Line und Stena Line haben sich auf stark reduzierte Preise geeinigt, wie Tom Terjesen anmerkt. Außerdem reisen alle Flüchtlinge kostenlos mit Stena Line. Sie bekommen Kabinen und Essen. Circle K habe den Kraftstoff für den Bus gesponsert. Und der Verein der ukrainischen Freunde habe warme Wollkleidung für mehr als 30.000 Kronen gespendet. 

Am späten Montagabend traf der Reisebus mit der Hilfslieferung aus Arendal an der Grenze ein. Und kurz darauf erscheinen die Menschen, mit den während der Fahrt der Kontakt aufgenommen wurde. Familien mit Kindern, Senioren und ein kleiner Hund. Das Aufnahmezentrum an der Grenze ist eigentlich ein Einkaufszentrum. Die Geschäfte wurden geräumt, Betten hielten Einzug.

“Es müssen viele tausend Frauen und Kinder in dem Zentrum gewesen sein,” so Tom Terjesen. Seine Eindrücke teilt der Norweger über die Website Bussmagasinet und über seinen Facebook-Account. Live berichtet er, wenn er nicht fährt, von den Erlebnissen und den Gedanken, die sich die Helfer im Vorfeld und auch noch im Bus gemacht haben.

Bevor der Reisebus wieder zurück nach Norwegen fahren kann, müssen die vielen Hilfsgüter ausgeladen werden. Doch die Rezeption, die die Hilfsgüter annimmt, ist nach 20 Uhr geschlossen, man sei eine Stunde zu spät angekommen, wie Tom Terjesen erklärt. Nachdem ausgeladen wird und kistenweise Hilfsgüter vor dem Bus standen, wären aber doch noch Helfer gekommen, um die Pakete in Empfang zu nehmen.

 14 Flüchtlinge steigen an der Grenze ein, weitere wurden in anderen Aufnahmezentren in Krakau und anderen Städten abgeholt. Als der Bus abfahrbereit ist, seinen weitere Familien erschienen und hätten um Mitfahrt gebeten – bis nach Krakau. Auch diese Flüchtlinge dürfen zusteigen, wie Tom Terjesen erklärt. Jeder, der mit einem Bus für Flüchtlinge fährt, muss von der polnischen Polizei registirert und genehmigt werden. Menschenhandel sei das Stichwort, so Tom Terjesen.

Bei der Abfahrt wird der Bus von der Polizei angehalten. Kontrolle der Ausweise, sehr bürokratisch baer korrekt, wie alle Beteiligten erklären. Die Busfahrer müssen ihre privaten Telefonnummern angeben. Niemand soll das Gelände verlassen können, ohne dass alles registriert ist. In Krakau vergehen drei Stunden, um nach Flüchtlingen zu suchen. Die gesamte Crew im Bus ist müde, so Tom Terjesen.

Einige sind seit über 20 Stunden wach und bis zur Fähre in Gdynia sind es noch 12 Stunden Fahrt. Die Stimmung im Bus ist trotzdem gut. Die meisten Menschen sind glücklich und gleichzeitig so müde, dass sie fast vor Erschöpfung einschlafen. Als Tom Terjesen die Informationen schickt, hat er mit dem Reisebus die Hälfte des Weges durch Polen schon zurückgelegt.

Erste Flüchtlinge seien aufgewacht und das Lächeln in ihrem Gesicht entschädige für die Strapazen, so Tom Terjesen. Sie würden verstehen, dass die Crew im Bus da ist, um zu helfen. Einige würden aber auch erst jetzt anfangen, den Menschen an Bord zu vertrauen. Sie sind auf dem Weg in ein neues und unbekanntes Land. Aber auf dem Weg in die Freiheit und weg vom Angriffskrieg des Wladimir Putin. Gute Fahrt und Dankeschön für dein Engagement, Tom! Dir und dem Team an Bord des Reisebusses sowie die Geflüchteten alles Gute! (Bussmagasinet/Terjesen/omnibus.news/Sr)

Live von Bord des Busses berichtet Tom Terjesen über die Hilfsfahrt. Foto: Terjesen

Solidarität mit der Ukraine! Foto: omnibus.news

 

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