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Alle Karten auf den Tisch

Seit der Erfindung des Auto-Quartetts überbieten sich Spieler mit den schnellsten, stärksten oder teuersten Fahrzeugen. Mit Omnibussen machten die Hersteller dann im wahrsten Sinne Alle glücklich.

Lass mal sehen… Foto: Schreiber

Wer in den 1960er aufwuchs, der hatte immer ein Auto-Quartett in der Hosentasche. Was gab es Schöneres, als mit Freunden im Schulbus oder in der Pause um Hubraum, Leistung, Zylinder und Höchstgeschwindigkeit zu spielen? Statt Quartette zu sammeln wurden aber lieber technische Daten angesagt. Die Karten aus durchsichtigen Plastikschachteln waren schnell gemischt und verteilt. Die Hoffnung, dass alle Spielkarten in den eigenen Besitz übergehen, wuchs mit jeder Runde und jedem Spiel wieder aufs Neue.

Viele Anbieter hatten ein Bus-Quartett aufgelegt, wie die Auswahl der unterschiedlichen Titelbilder zeigt. Foto: Schreiber

Ähnlich zuversichtlich war Werner Seitz, als der Erfinder des Auto-Quartetts im Februar 1952 das erste Spiel für 2,90 D-Mark in die Läden brachte. Würden sich Fahrzeuge samt technischer Daten statt der ansonsten immer anspruchsvollen und pädagogisch wertvollen Inhalte gut verkaufen? Ja, er hatte das richtige Gespür, als er seinen Vorgesetzten im Hause der ASS Spielkarten-Fabriken A.G. seine Idee eines Auto-Quartetts vorstellte. Mit der Vorgabe, die Produktionskosten gering zu halten, gaben die Schwaben grünes Licht und ließen als Erstauflage 2.500 Auto-Quartette drucken. Zu sehen waren bekannte Bilder aus den Prospekten. Fahrzeuge extra für die Produktion zu fotografieren, hätte jeden finanziellen Rahmen gesprengt. Innerhalb kürzester Zeit musste nachgedruckt werden, das Auto-Quartett wurde ein Verkaufsschlager im Hausse ASS. Vier Jahre nach der ersten Auflage kam Farbe ins Spiel, die Schachtel aus Karton wurde durch eine zweiteilige und natürlich auch farbige Kunststoffschachtel mit durchsichtigem Deckel ersetzt.

In der Blütezeit gab es sogar auch eine Mini-Ausgabe eines Bus-Quartetts, das noch einfacher in die Hosentasche passte. Foto: Schreiber

Mit FX Schmid und den Nürnberger- oder Berliner-Spielkarten-Verlagen kamen weitere Anbieter auf den Markt, rasant nahm das Angebot die Fahrt auf. Bald waren es nicht nur reine Auto-Quartette, neben Lastkraftwagen tauchten auch Omnibusse auf. In Österreich brachte der Piatnik-Verlag bereits Anfang der 70er mit dem Quartett Nr. 291 ein reines Quartett nur mit Omnibussen heraus: Je vier Karten für Klein-, Überland-, Postauto-, Stadt-, Doppeldecker-, Gelenk-, Flughafen- und Hotelbusse zeigten die große Vielfalt der Bus-Welt. Über fünf Jahre lief die erste Quartettreihe namens Busse, die FX Schmid in den Achtzigern auflegte. Um im Wettbewerb bestehen zu können, wurde das Angebot immer erweitert: Zu den deutschen und europäischen Vorbildern kam eine Serie mit international Omnibussen hinzu. Und dann, sozusagen als krönender Abschluss, gab es ja auch noch die Super-Top-Trumpf Busse. Besondere Trumpfkarten kamen aber erst am Ende hinzu, als sich der knallharte Vergleich von technischen Daten beim Spielen längst durchgesetzt hatte.

Auch bei Gestaltung der Angabe der technischen Daten war die Vielfalt groß. Foto: Schreiber

Die siebziger Jahre waren die Blütezeit der Quartette, Ende der 80er war Schluss. Ausgestorben sind Quartette, auch Bus-Quartette, aber nicht. Viele Hersteller haben sie als Werbemittel entdeckt. Sogar Verkehrsbetriebe präsentieren ihren Fuhrpark mit Hilfe von Quartetten: So gab es das „BVG-Quartett für jung und alt“ oder das „Vom Stangerlbus zum modernen Niederflurbus“ aus München. Mitunter wurden Busfans selbst aktiv, wie das Quartett „Busfahrers Lieblinge“ zeigt: Die schönsten Fotos aus der eigenen Sammlung mit Bussen der 60er und 70er Jahre. Selbst wenn die Zeit der Quartettspiele vorbei ist, bunte Karten mit Omnibusmotiven in durchsichtigen Plastikschachteln gibt es immer noch. Heute werden vor allem die älteren Spielkarten gesucht, die Sammlerszene spürt eine Wertsteigerung dieser Exemplare. Die selteneren Werbe-Quartette sind heute so etwas wie die Asse oder Trümpfe unter den Bus-Quartetten. Rüdiger Schreiber

Ob Bus-Hersteller (oben) oder klassischer Spielekarten-Produzent, ein Bus-Quartett gehört einfach dazu! Foto: Schreiber

Anm.: Dieser Beitrag ist als gedruckter Artikel in der Fachzeitschrift BUSFahrer in der Ausgabe 3/2018 zuerst erschienen!

 

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