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Am 3. Juli 2000 wurde Transport for London offiziell gegründet, zum 25. Geburtstag wurde ein BEV-Doppeldecker von Alexander Dennis entsprechend foliert. Foto: TfL

Boris Johnson bei der Vorstellung im Dezember 2011. Foto: Schreiber

Der New Bus for London (rechts) ist  Teil der Geschichte von Transport for London. Foto: Schreiber

Transport for London, kurz TfL, ist die Dachorganisation, die das Verkehrssystem in London koordiniert. Jetzt feiert TfL 25 Jahre – Glückwunsch! Am 3. Juli 2000 wurde Transport for London offiziell gegründet, seitdem haben man stets daran gearbeitet, das Leben der Londoner durch eine Vielzahl von Verbesserungen im gesamten Netzwerk zu verbessern, wobei das Kundenerlebnis stets im Mittelpunkt aller Aktivitäten stehe, so TfL. Zum Geburtstag gibt es u.a. auch einen besonders folierten Doppeldecker, der die neuen Angebote des TfL-Portfolios visualisiert.

Blickt man auf die roten Doppeldecker der britischen Metropole, dann ist in der TfL-Ära die Einführung eines eigens für London neu entwickelten Doppeldeckers ein besonderes Ereignis: Am 15. Dezember 2011 präsentierte Transport for London der Presse am Trafalgar Square den ersten von acht Prototypen des neuen Doppeldeckers für London. Wie so viele Projekte des ehemaligen Premierministers und ehemaligen Bürgermeisters von London (Boris Johnson hatte den  Londonern im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt seinerzeit einen neuen Doppeldecker versprochen), erwies sich auch der im Volksmund „Boris-Bus“ genannte rote Doppeldecker als zu teuer und längst nicht so gut und umweltschonend wie seinerzeit erwartet.

Schon zum Start gab es Probleme, denn der Hybridantrieb versagte in den ersten Jahren häufig und verfehlte das Ziel, die Luftverschmutzung in London zu reduzieren. Zudem sorgte für Ärger, dass die Busse im Sommer zu heiß wurden, weswegen sie statt „Boris-Bus“ den Spitznamen „Roastmaster“ (Bratröhre) erhielten. Das Design des neuen Doppeldeckerbusses ist vom ursprünglichen AEC Routemaster inspiriert und verfügt über drei Türen und zwei Treppen für einen barrierefreien Einstieg. Im Gegensatz zum AEC Routemaster hatte der neue Bus aber eine durchgehende Frontpartie anstelle der vorspringenden, mit Motorhaube versehenen „Halbkabine“ und eine Heckplattform mit einer schließbaren, nicht permanent geöffneten Tür.

Die Kosten pro Bus betrugen 355.000 £ über den vierjährigen Beschaffungszeitraum. Der letzte der neuen Routemaster wurde im Dezember 2017 ausgeliefert. Dann hieß es „Bye, bye, Boris-Bus!“. Über kurz oder lang wird der New Bus for London wieder vom Straßenbild Londons verschwinden. Der Grund dafür ist klar: Ein neuer Bürgermeister ist im Amt. Seit Mai 2016 werden die Geschicke der Hauptstadt von Shadiq Khan gelenkt. Der erste muslimische Bürgermeister gilt als weniger streitsüchtig als der ehemalige, Ken Livingston und er gehört weniger zum etablierten politischen Establishment als Boris Johnson.

Alle drei verbindet das Thema Bus: So wie seinerzeit Boris Johnson die von Ken Livington eingeführten Gelenkbusse aus der Metropole mit seinem Amtseintritt entfernte, so macht es jetzt Shadiq Khan mit dem von Boris Johnson eingeführten neuen Doppeldecker für London. Dem Bürgermeister London sind die von der Bevölkerung liebevoll genannten Boris Busse ein Dorn im Auge, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind. Und sie sind in seinen Augen viel zu teuer. Khan will einen emissionsfreien ÖPNV, da passt ein Designerbus mit Hybridantrieb nicht mehr ins Bild. 2012 sah das im ÖPNV noch anders aus.

Ein Bus-Gegner ist Khan aber nicht. Ganz im Gegenteil: Khan hat eine klassische Aufsteigerbiografie mit Busbezug hingelegt. Geboren wurde er 1970 als Sohn eines aus Pakistan zugewanderten Busfahrers. Nach dem Studium arbeitete er drei Jahre als Rechtsanwalt für eine britische Menschenrechtsgruppe. 2005 zog er ins britische Unterhaus ein. Drei Jahre später machte Tony Blair ihn zum Verkehrsminister – Khan war immer mit dem Thema Bus in Berührung. Ende letzten Jahres kündigte er an, dass keine neuen Omnibusse des New Bus for London mehr bestellt werden würden.

Dabei sah es anfangs ganz vielversprechend aus: Boris Johnson ging davon aus, dass bis 2020 insgesamt 2.000 NBfL-Fahrzeuge im Auftrag von Transport for London auf der Straße im Einsatz wären. Nach 800 Stück wurde aber schon das Aus besiegelt. Die einst mit 1.000 vertraglich festgelegte Zahl wird nicht erreicht, der irische Hersteller Wrightbus hat angekündigt, die Produktion des NBfL einstellen zu wollen. 2012 kostete der neue Hybrid-Doppeldecker 354.000 Britische Pfund. 600 Fahrzeuge wurde zu diesem Preis gekauft, dann wurde nachverhandelt.

Wrightbus verkaufte die nächsten 200 Fahrzeuge im Jahr 2014 zum Stückpreis von 325.000 Britischen Pfund, also ganz grob ein Rabatt von zehn Prozent pro Bus. Beim New Bus for London handelt es sich um einen Hybrid-Diesel-Elektrobus , der von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben wird, der von einem dieselbetriebenen Generator aufgeladen wird und beim Bremsen durch regeneratives Bremsen Energie zurückgewinnt. Die Verwendung von drei Türen und zwei Treppen ist in London nichts Neues: London Transport testete bereits in den 1980er Jahren im Rahmen des Programms zur Bewertung alternativer Fahrzeuge einen Busprototyp.

Dieser Doppeldecker war ein speziell modifizierter Volvo Ailsa B55 mit zwei Treppen. Die Versuche wurden aufgrund der Verkleinerung und schließlich Schließung der Abteilung für Bustechnikforschung von London Transport aber abgebrochen. Im Jahr 2020 kündigte Transport for London an, die Boris-Busse so umzubauen, dass Fahrgäste nur noch durch die Vordertür einsteigen können, während die mittleren und hinteren Türen nur noch als Ausstiegstüren dienen. TfL wollte so das Schwarzfahren reduzieren, das beim Boris Bus doppelt so hoch war wie in anderen Londoner Bussen.

Zu Beginn der 2020er Jahre, als die ältesten New Routemaster fast zehn Jahre alt wurden und die Londoner Busbetreiber verstärkt auf die Anschaffung ausschließlich von Elektrobussen setzten , gab es Überlegungen, was mit der New Routemaster-Flotte geschehen sollte. Einige ältere New Routemaster wurden in dieser Zeit einer internen Modernisierung unterzogen und mit neuen Sitzen und einem neuen Sitzbezug ausgestattet. Außerdem wurden die herkömmlichen Seitenspiegel einiger New Routemaster durch digitale Seitenkameras ersetzt.

Auf der Euro Bus Expo 2022 stellte der in Norfolk ansässige Elektrofahrzeughersteller Equipmake in den Messehallen von Birminghsam den ersten umgebauten New Routemaster vor. Diesel- bzw. Hybridantrieb raus,  BEV-Antrieb rein. In London ist der Boris Bus immer nach auf der Straße zu sehen, in den Souvenirläden und der Modellbuswelt gibt es unzählige Miniaturen. Ganz entspannt kann sich Boris Johnson zurücklehnen: Im Shop von Transport for London gibt es den New Bus for London auch als Kissen. Nicht einfach ein Kissen mit einem Aufdruck, sondern der Form des Vorbildes nachempfunden. Das ist in der Welt der Modellbusse auch etwas Besonderes. In der Geschichte von TfL hat der Boris einen festen Platz! (TfL/omnibus.news/Sr)

 

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