Zum 31.12.2024 wurde der Betrieb der selbstfahrenden BEV-Kleinbusse in Bad Birnbach eingestellt. EasyMile als Hersteller des EZ10 will sich nach eigenen Angaben im Laufe des Jahres 2025 aus dem Bereich der Personenbeförderung komplett zurückziehen und sich zukünftig auf die Logistik-Branche im Bereich von Flug- und Schiffshäfen fokussieren. Das nötige Personal für Service und Support der Shuttles stünde nur noch sehr eingeschränkt zur Verfügung, wie EasyMile als Begründung mitteilte.
Der wohl größte Verlust für die Bewohner und Besucher des Kurortes wird der Wegfall des flexiblen On-Demand-Verkehrs auf der Linie 7016 sein. Die App „Wohin Du willst“, mit der Fahrten flexibel gebucht werden konnten, gibt ebenfalls nicht mehr. Der Linienbetrieb zwischen dem Bahnhof und dem Ort (Linie 7015) soll weiter bestehen bleiben – allerdings nicht mehr mit den selbstfahrenden EZ10-Fahrzeugen. Alle Partner haben sich darauf verständigt, die Linie zumindest bis zum 31. März 2025 aufrechtzuerhalten. Probleme gab es kaum, die LIDAR-Technik hatte aber bei starkem Regen mitunter Probleme. Wenn die Systeme große Regentropfen als Objekte erkennen, mussten die selbstfahrenden Kleinbusse bei allzu schlechtem Wetter den Betrieb einstellen.
Er war der erste selbstfahrende Bus in Deutschland, der nicht nur auf einer Teststrecke unterwegs war. Auch wenn sicherheitshalber immer noch ein Operator mit an Bord war, das Projekt galt 2017 als wegweisend. Besucher aus aller Welt – besonders aus China und Südkorea – interessierten sich für den selbstfahrenden BEV-Kleinhus. Angetrieben wird der EasyMile mit einer 8 kWh Lithium Eisenphosphat (LiFePO 4) Batterie, ausreichend für den Tageseinsatz, so EasyMile. Mit vollständig geladener Batterie konnte das Fahrzeug bis zu zehn Stunden eingesetzt werden. Das Aufladen der Batterie nimmt bei einer Restkapazität von 20% ca. acht Stunden in Anspruch, wie die Verantwortlichen auf Nachfrage von omnibus.news mitteilten. Das Ladegerät ist im Fahrzeug integriert, das Laden erfolgt an einer herkömmlichen 230 V, 16 A Steckdose.
Bad Birnbachs Bürgermeisterin Dagmar Feicht bedauert das plötzliche Ende des Verkehrsprojekts, es sei „sehr bitter und ein Schlag für uns“, sagte sie gegenüber der Presse. Seit Jahresbeginn fehlen die drei EZ10 auf den Straßen in Bad Birnbach. Das Projekt war seit seiner Einführung eine teure Angelegenheit: Bis zum Juni 2023 trugen verschiedene Fördermittel und der Betrieb durch die Deutsche Bahn die Kosten. Doch auch hier gab es Probleme: Nachdem die Fördermittel des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr Ende Juni 2023 ausliefen, trugen bis 2024 der Landkreis, der Markt Bad Birnbach und die RBO GmbH die Kosten. Diese Unterstützung war auf das Jahr 2024 begrenzt, die Aussicht auf weitere Fördermittel blieb jedoch aus. Der Betrieb der Fahrzeuge würde den Landkreis Rottal-Inn und den Markt Bad Birnbach im Jahr etwa 342.000 Euro kosten.
In der ersten Phase nutzten durchschnittlich 60 Fahrgäste den EZ10 pro Tag, so die Aussage der Verantwortlichen nach zwei Jahren gegenüber omnibus.news. Darunter waren viele Touristen, die das Angebot natürlich einfach mal ausprobieren wollten. Von Oktober 2017 bis September 2024 seien mehr als 110.000 Fahrgäste mit den selbstfahrenden BEV-Kleinbussen befördert worden, so das genaue Zahlenwerk, was auch auf Nachfrage von omnibus.news kommuniziert wurde. Im Mai 2022 kam ein weiteres selbstfahrendes Fahrzeug als On-Demand-Angebot dazu, das entlang 20 virtueller Haltestellen vor allem gesundheitliche Einrichtungen und Geschäfte des alltäglichen Bedarfs besser erreichbar machte.
Die Streckenlänge betrug anfangs 1.400 Meter einfache Strecke bzw. 2.800 Meter je Umlauf und hatte vier Haltestellen (Neuer Marktplatz, Artrium, Rottal Terme und Badstraße). Die Fahrtdauer dafür waren rund 12 Minuten pro Strecke. Im August 2018 wurde die Strecke von 700 Meter auf 1.400 Meter verdoppelt. Damit war der Bahnhof, der etwa 1,8 Kilometer vom Ort entfernt liegt, zum Greifen nah. Wenige Monate später kamen zwei neue Fahrzeuge der zweiten Generation nach Bad Birnbach und der Bahnhof wurde auch angefahren. Das Angebot wurde attraktiver, insbesondere für Einheimische, als ab Oktober 2019 der Bus vom Bahnhof zum Ortszentrum fuhr.
Plötzlich war es für viele Birnbacher nach Angaben der Verantwortlichen interessant, das Auto stehenzulassen und am Bahnhof in den Zug zu steigen. Die Fahrgastzahlen verdoppelten sich in kurzer Zeit, sechs Fahrgäste konnten in einem EZ10 mitfahren. Das Angebot sei laut Landratsamt „vor Ort sehr gut angenommen“ worden. Bis zum Aus Ende 2024 wurden Oktober 2017 bis September 2024 insgesamt nach Angaben der Betreiber 123.163 Kilometer im autonomen Betrieb zurückgelegt. Dabei wurden 110.774 Personen befördert, 12.646 davon im On-Demand-Betrieb, für den 24.321 Kilometer zurückgelegt wurden.
Als nächster Schritt sei geplant gewesen, so das Landratsamt, dass die Busse auch ohne die Operatoren nach Level 4 fahren können. Die Vorbereitungen dafür hätten schon begonnen, wie man gegenüber omnibus.news auf Nachfrage bestätigte. Es ist also nicht aussichtslos: Die Finanzierung soll neu angegangen werden, was aber Zeit in Anspruch nehmen werde, allein aufgrund der politischen Lage bzw. mit Blick nach Berlin. Zuerst müsse eine neue Regierung und ein Bundeshaushalt stehen, danach würde dann hoffentlich ein neues Förderprogramm aufgerufen werden. (DB/EasyMile/RBO/PM/Sr)