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Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer. Foto, Grafik: BDO, Montage: omnibus.news

Die deutschen Verbände der Busbranche BDO, RDA und GBK kritisieren unisono das Konjunkturpaket der Bundesregierung als „vollkommen unzureichend“ für die Rettung der Busunternehmen. Als Reaktion auf das Ausbleiben effektiver Rettungsmaßnahmen im vorgeschlagenen Konjunkturpaket wird es einen 2. Aktionstag in Berlin geben. omnibus.news sprach mit Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des BDO, über eine scheinbar vergessene Branche, die Lobbyarbeit und den Offenen Brief an die Bundeskanzelerin sowie erste Insolvenzen in der Branche. Das Gespräch führte Rüdiger Schreiber.

omnibus.news: Mit Blick auf das jetzt vorgestellte Konjunkturpaket drängt sich die Frage auf, ob die Politik die Reisebusbranche vergessen hat?

Christiane Leonard: Nein. Die Bundesregierung hat sich aber ganz offensichtlich entschieden, keine einzelnen Branchen gesondert zu betrachten. Nicht einmal die Automobilbranche hat die viel diskutierte Abwrackprämie bekommen. Dieser Grundsatz ist aber insofern falsch, dass ja manche Wirtschaftszweige stärker betroffen sind. Die Corona-Krise betrifft eben nicht alle gleich. Das muss sich ganz natürlich in den passenden – auch unterschiedlichen – Maßnahmen spiegeln. Im Moment ist das bei der Busbranche noch nicht der Fall. Und dagegen kämpfen wir an. Bundesverkehrsminister Scheuer und Bundefinanzminister Scholz haben sich schon jeweils klar dazu bekannt, dass Busunternehmen dringend Hilfe brauchen. Das muss jetzt schnell auf den Weg gebracht werden.

omnibus.news: Sie haben jahrelang Lobbyarbeit geleistet, was passiert diesbezüglich aktuell in Berlin?

Christiane Leonard: Wir setzen das konsequent fort. Natürlich. Für uns ist wichtig: Ja, wir gehen jetzt wieder auf die Straße und sagen: „Liebe Bundesregierung, so geht das nicht. Die Reisebusunternehmen gehen gerade in Folge des Fahrverbots und der Beschränkungen zu Grunde.“ Wir suchen aber gleichzeitig weiter den Dialog. Das Bundesverkehrsministerium sieht auch weiterhin den Bedarf, den wir geschildert haben.

omnibus.news: Und wie agieren Sie jetzt in den einzelnen Bundesländern?

Christiane Leonard: Da sind die Aufgaben im bdo klar verteilt. Darum kümmern sich die Landesverbände. Wir arbeiten derzeit aber sehr eng und sehr gut zusammen. Mindestens einmal pro Woche tauschen sich die Geschäftsführungen von bdo und Landesverbänden aus. Wichtige Entscheidungen fallen zusammen. Und es herrscht bei der Einschätzung der Lage und bei der Auswahl der notwendigen Schritte große Einigkeit. Wir stehen sehr eng zusammen.

omnibus.news: Haben Sie schon eine Antwort auf Ihre Offenen Briefe an die Bundeskanzlerin und den Bundesfinanzminister bekommen?

Christiane Leonard: Wir müssen leider das Fehlen von wirksamen Hilfen im Konjunkturpaket als aktuelle Antwort verstehen. Und diese Antwort reicht uns nicht. Daher die neue Demo am 17. Juni. Die Probleme, die wir geschildert haben, sind nicht nur weiter da, sondern werden mit jedem Tag schlimmer. Da muss gehandelt werden.

omnibus.news: Wie sieht die aktuelle Lage bei Ihren Mitgliedern aus, gibt es schon Busbetriebe, die unverschuldet in eine Insolvenz gegangen sind?

Christiane Leonard: Ja, es gibt Unternehmen die aufgeben müssen. Und das ist schlimm. Jeder einzelne Betrieb, der schließen muss, ist ein Verlust für unser Land. Wir hören die Berichte jetzt schon immer wieder. Bislang eher vereinzelt. Das liegt aber nicht daran, dass die Situation noch erträglich wäre. Da müssen wir dies bittere Wahrheit jetzt auch mal klar aussprechen. Es gibt bislang vergleichsweise wenige Geschäftsaufgaben, aufgrund der von der Bundesregierung eingeführten Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Das läuft Ende September aus. Wenn sich nichts ändert wird es ein ganz bitteres 4. Quartal.

omnibus.news: Was genau planen Sie für den 2. Aktionstag?

Christiane Leonard: Ich sage es mal so: Wir werden sehr viele Busse nach Berlin bringen. Deutlich mehr als Ende Mai, da das Versammlungsrecht in der Hauptstadt das jetzt wieder zulässt. So viel ist klar. Es wird wieder mindestens drei verschiedene Korsos geben, wahrscheinlich mehr um die Zahl der Fahrzeuge überhaupt gut durch die Stadt zu kriegen. Zudem planen wir diesmal auch eine zentrale Kundgebung.

omnibus.news: Busunternehmern, die sich die Fahrt nach Berlin und das Hupen vor dem Reichstagsgebäude nicht leisten können oder wollen, raten Sie…?

Christiane Leonard: Da gibt es einige Möglichkeiten. Vor allem: Sprechen Sie mit dem direkt gewählten Bundestagsabgeordneten oder der Bundestagsabgeordneten aus Ihrem Wahlkreis. Sprechen Sie mit Journalisten. Schildern Sie, warum die derzeitigen Hilfen der Busbranche nicht helfen. Viele Menschen denken vielleicht, dass mit dem Konjunkturpaket jetzt schon ausreichend Hilfe da ist. Das stimmt aber für die Busbranche mit ihren Eigenschaften nicht. Ansonsten kann ich den Busunternehmen, die nicht nach Berlin kommen können, schon mal ankündigen, dass wir auch einem Aufruf starten werden, kurze Videos mit Statements zu senden. In denen sollen die Betroffenen einfach knapp schildern warum die Lage für die Reisebusbranche so erschreckend ist. Und sie können auf den Punkt berichten, was es braucht, damit das Aus für den Mittelstand verhindert wird. Mit diesen Videos wollen wir auch für Aufmerksamkeit sorgen.

omnibus.news: Vielen Dank für das Gespräch!

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