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Esslingen hat insgesamt 46 O-Busse, Solo- und Gelenkfahrzeuge, bei Škoda bestellt. Foto: Skoda

In Deutschland gibt es noch drei O-Bus-Betriebe: Solingen, Eberswalde und Esslingen. Mit 15km Netzlänge ist der in Esslingen der kleinste O-Bus-Betrieb. Und dieser sollte neue O-Busse von Van Hool bekommen. Nach der Insolvenz des belgischen Busherstellers diskutierte die Stadt, ob und wie es weitergehen sollte, denn eigentlich war das Vorhaben klar: Bis 2026 sollte der gesamte städtische Busverkehr zu 100 Prozent elektrisch betrieben werden. „Damit wäre Esslingen bundesweit eine der ersten Städte mit einem emissionsfreien Nahverkehr und ein absoluter Vorreiter in Sachen umweltfreundliche Mobilität“, betonte Oberbürgermeister Matthias Klopfer.

Möglich gemacht hätte das zum einen die Beschaffung 46 neuer Oberleitungsbusse, zum anderen der Ausbau des Oberleitungsnetzes um weitere fünf Kilometer. Für dieses innovative und zukunftsträchtige Projekt erhielt Esslingen vom Bundesverkehrsministerium bereits den Zuschlag über Fördergelder in Höhe von 27,4 Millionen Euro – die größte Einzelförderung, die die Stadt jemals vom Bund erhalten hat. Doch dann gerieten die Pläne im Frühjahr 2024 ins Stocken: Der Bushersteller Van Hool, bei dem die Stadt Esslingen 46 neue Oberleitungsbusse bestellt hatte, meldete Insolvenz an und konnte den Auftrag nicht mehr erfüllen.

Die Stadt Esslingen hat für die mobile Zukunft verschiedene Szenarien ausgearbeitet, die sich um mögliche Antriebstechnologien drehen. Aufgrund einer EU-Richtlinie müssen bis zum Jahr 2030 mindestens 65 Prozent der neuen Fahrzeuge mit einem emissionsfreien Antrieb ausgestattet sein. Daher ist die ausschließliche Beschaffung von Dieselbussen keine Option. „Auch Wasserstoffbusse sehen wir aufgrund der nicht vorhandenen Infrastruktur, der unklaren Verfügbarkeit und der unbekannten Preisentwicklung von Wasserstoff derzeit eher kritisch“, erklärt Johannes Müller, Technischer Werksleiter des SVE.

Daher fokussieren sich die Szenarien auf verschiedene Alternativen von Elektrobussen. Eine Variante: Am geplanten und vom Gemeinderat bereits beschlossenen Vorhaben festhalten und nach der Insolvenz des ersten Anbieters lediglich die Anschaffung der O-Busse neu ausschreiben. Hinzu käme der Ausbau des Oberleitungsnetzes um weitere 15 Prozent, wovon der erste Bauabschnitt bereits erfolgreich umgesetzt wurde. Dabei würde auch die Bundesförderung in Höhe von 27,4 Millionen Euro erhalten bleiben. Hier hat die Stadt bereits die Zusage des Bundes erhalten, dass die Bewilligung der Fördergelder aufgrund der Insolvenz verlängert wird.

In Esslingen wurde aber auch darüber nachgedacht, statt der bisherigen Oberleitungsbusse vollständig auf Batteriebusse zu setzen. Dazu wäre kein weiterer Ausbau der Oberleitung notwendig, das bereits bestehende Netz mit einer Länge von 29 Kilometern könnte abgebaut werden. Das Laden der Busse wäre allerdings kompliziert: Sie stehen nachts nur etwa vier Stunden im Depot und rücken schon gegen vier Uhr morgens wieder auf ihre Linien aus. „In dieser Zeit könnten nicht alle Busse für die gesamte Tagesstrecke geladen werden“, erklärt Johannes Müller.

„Daher wären neben einer Umrüstung des Busbetriebshofs an einzelnen Endhaltestellen zusätzlich sogenannte Pantografen, also große Ladesäulen, notwendig.“ Die Leitungen dazu müssten eigens dafür unterirdisch verlegt werden. Neben diesen beiden Optionen bestand auch die Möglichkeit, auf eine Mischung von Oberleitungs- und Batteriebussen zu setzen. Dazu würde die Oberleitungsinfrastruktur nur noch teilweise ausgebaut und ein Mix aus 19 Oberleitungsbussen und 43 reinen Batteriebussen beschafft werden. Auch hier wären eine Umrüstung des Betriebshofs sowie Ladesäulen im Stadtgebiet notwendig.

Als Alternative hätte die Stadt Esslingen nur die laut EU-Richtlinie notwendige Zahl von emissionsfreien Bussen beschaffen und ansonsten Dieselfahrzeuge anschaffen können. All diese Szenarien unterscheiden sich dabei in Bezug auf ihren Umsetzungszeitraum, ihre Kosten und die CO2-Emissionen. So schwankt etwa der Zeitraum, in dem die Varianten umgesetzt werden könnten, von zwei Jahren beim Festhalten an den Oberleitungsbussen bis hin zu zehn Jahren beim vollständigen Setzen auf Batteriebusse inklusive der Umrüstung des Betriebshofs.

Die Kosten bewegen sich pro Jahr in einem Rahmen von rund 500.000 Euro mit O-Bussen, bis hin zu rund 2,36 Millionen Euro pro Jahr, wenn die Stadt auf eine Mischung von Oberleitungs- und Batteriebussen gesetzt hätte. Nun wird Škoda die neuen O-Busse liefern und die Bundesförderung in Höhe von 27,4 Millionen Euro, die an das Oberleitungsprojekt gebunden war, bleibt erhalten. 46 O-Busse mit einer Länge von 12 Metern (Baumuster 32Tr) und 18 Metern (Baumuster 33Tr) wird nun Skoda liefern. Der Auftrag beinhaltet auch eine Option auf die Lieferung von fünfzehn weiteren O-Bussen.

Bis Ende 2026 sollen die Fahrzeuge ausgeliefert werden, Škoda nennt als Gesamtauftragsvolumen 41.424.600 EUR. Alle bestellten O-Busse werden mit Batterien ausgestattet, die einen autonomen Betrieb ohne Oberleitung über Strecken von bis zu 25 km ermöglichen. Die O-Busse sind außerdem mit einer Rekuperationstechnologie ausgestattet, bei der die Batterien durch Bremsenergie wieder aufgeladen werden. Die O-Busse  werden von emissionsfreien und effizienten Škoda-Asynchronmotoren angetrieben, während die O-Gelenkbusse als Zweimotorenfahrzeuge mit zwei angetriebenen Achsen (Mittel- und Hinterachse) geliefert werden. (Škoda/StadtEsslingen/PM/Sr)

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