Verschwörungstheorien hin oder her, ob die Amerikaner nun auf dem Mond waren oder nicht – eines steht fest: Neoplan war da. Nicht auf dem Mond, sondern bei der NASA. Gut, das Pressefoto von Neoplan mag die Verschwörungstheorien wieder anheizen, denn das Bild wurde nicht in Amerika, sondern in Deutschland, in Stuttgart vor dem Schloss aufgenommen. Aber: Es gibt ausreichend Besucher, die im Kennedy Space Center waren und die Fahrt mit einem der 14 Earth Shuttle bestätigt haben… Die NASA stellt höchste Ansprüche an Mensch und Material. Für die Erforschung des Weltalls ist das Beste gerade gut genug. Und auch auf der Erde durfte es etwas mehr sein: Die Raumfahrtbehörde entschied sich im Jahr 1985 für neue Omnibusse für das Besucherzentrum. Basis war der Neoplan Skyliner, der fortan mehrere Jahre lang von Montag bis Sonntag rund um die Uhr Millionen von NASA-Besuchern über das beeindruckende Gelände der Raumfahrtbehörde fuhr. Die zweistöckigen Busse für die NASA waren die weltweit längsten, die Neoplan bisher auf die Räder gestellt hat. Sie maßen stattliche 14,5 m in der Länge, 2,60 m in der Breite und 4,10 m in der Höhe. Diese sogenannten Super-Skyliner boten auf vier Achsen 106 Sitzplätze. Im Ringverkehr fuhren die Busse alle Stationen des Besucherzentrums ab. Wie es sich für die NASA gehört, mit ganz genauem Timing: Waren die Passagiere an einer Station ausgestiegen, fuhr der Bus weiter und der nächste nahm die Besucher wieder mit.
„Wir wissen nicht genau, wie die NASA auf uns aufmerksam wurde, aber für uns war das ein ungeheures Prestigeprojekt“ erinnert sich Bob Lee, ehemaliger Geschäftsführer und Ingenieur bei Neoplan. „Wir als kleine deutsche Firma hatten den Auftrag, Busse an die NASA zu liefern! Wir waren unendlich stolz.“ Für eine Zulassung auf dem amerikanischen Markt galt es allerdings noch einige Anpassungen vorzunehmen. „Es mussten zwei Klimaanlagen rein. Das Kennedy Space Center befindet sich in Florida und die Hitze dort wäre für die Besucher unter den großen Fensterflächen nicht zum Aushalten gewesen“, so Lee weiter. Die Fenster selbst wurden als so genannte push-out-windows konstruiert – Fenster, die sich im Notfall nach außen drücken lassen. Des Weiteren wurden die Treppen verbreitert und Scheinwerfer mit 12 V Betriebsspannung eingebaut. Auch die Stoßstangen mussten einen Test bestehen. Bob Lee erinnert sich noch gut daran: „Bei einem Aufprall mit 4,8 km/h (3 mph) durfte keine Verformung erkennbar sein.“ Unter der Haube kamen Motoren aus Detroit und Allison-Automatikgetriebe zum Einsatz, sodass Wartungen und Service von nahezu jeder lokalen Werkstatt erledigt werden konnten. Albrecht Auwärter war außerdem regelmäßig persönlich in den US-Betrieben. Ein weiterer Vorteil war es sicherlich, dass Neoplan zu diesem Zeitpunkt auf dem amerikanischen Kontinent bereits sehr erfolgreich tätig war. Bob Lee hatte zuvor 1981 das erste US-Werk mit aufgebaut. 1985 verfügte der Reisebushersteller nicht nur über zwei Produktionsstätten in den USA, sondern auch über eine eigene Vertriebsabteilung, die Neoplan Coach Sales Inc. Es gab damals bereits acht Vertrags-Servicepartner, die sich sowohl um die in Deutschland als auch um die in den US-Werken gefertigten Fahrzeuge kümmerten. Beste Voraussetzungen für eine optimale Zusammenarbeit. Der längste Doppeldeckerbus der Welt war nicht nur bei der NASA im Einsatz. Auch in Argentinien, Chile oder Nordafrika wusste man die Super-Skyliner zu schätzen. Nur in Deutschland waren die Fahrzeuge nicht zugelassen. Sie überschritten die maximal zulässige Länge für eingliedrige Busse und damit den maximal vorgegebenen Radius von 12,5 m. Für Albrecht Auwärter eine willkommene Herausforderung. Schließlich entwickelte man in Stuttgart ein Fahrwerk mit verringertem Achsabstand und erstmals vier lenkbaren Achsen. Damit konnte er die Behörden davon überzeugen, dass auch längere Busse den Maximalradius nicht überschreiten würden. Im April 1993 wurde schließlich die Maximallänge eingliedriger Busse in der StVZO auf 15 m erhöht. Ein weiteres Kapitel in der 50-jährigen Erfolgsgeschichte der Neoplan Skyliner.